»Prävention macht die Apotheke sexy« |
Jennifer Evans |
17.09.2025 07:00 Uhr |
PZ-Redakteurin Daniela Hüttemann (2. v. l.) fragte ihre Gäste nach Tipps und Visionen. Dr. Nojan Nejatian, Dr. Christian Fehske, Melanie Tilger, Dr. Eva-Maria Lippke und Tatjana Buck (v. l). / © PZ/Alois Müller
Wer seine Apotheke zukunftsfest gestalten möchte, braucht nicht nur gute Ideen, sondern muss diese auch umsetzen. Die Frage ist nur, wie Inhaberinnen und Inhaber Veränderungen am besten angehen – mit einem ausgearbeiteten Plan oder doch lieber sofort loslegen.
In der Diskussionsrunde im Rahmen des Formats »PZ Nachgefragt« outete sich Dr. Eva-Maria Lippke, Leiterin der Paracelsus Apotheke in Mehlingen, als Freundin strategischer Planung. Sie analysiere zunächst, ob es überhaupt einen Markt für bestimmte Angebote gebe. Dafür sammele sie erst Daten und biete auch einmal Dienstleistungen kostenfrei an, um diese zu testen. Allerdings stellt sie ihren Kundinnen und Kunden später drei Fragen: Wie fanden Sie die Dienstleistung, würden Sie diese noch einmal in Anspruch nehmen und wären Sie bereit, in Zukunft dafür zu zahlen?
Wie sich herausstellte, funktionierten in ihrer traditionellen Landapotheke vor allem Blutzucker- und Blutfett-Messungen. Auch das Paket einer Reise-Impfberatung komme gut an. Dafür kalkuliert sie nach eigenen Angaben 25 Euro pro Person. Schließlich rechne man bei einer Massage auch mit 1 Euro pro Minute, begründete sie die Preisgestaltung.
Anders geht Dr. Nojan Nejatian Veränderungen an. Der Inhaber der Heegbach Apotheke & Sanitätshaus in Erzhausen agiert ganz nach dem Motto: »Einfach machen, nicht zu lange nachdenken.« Inzwischen hat er einen jährlichen Informationstag für pflegebedürftige Patienten und ihre Angehörigen ins Leben gerufen, zu Themen wie Diabetes, Demenz oder Krebs – alles aus der Hand der Apotheke.
Die Offizin der Zukunft ist in seinen Augen eine Begegnungsstätte, die unter anderem Patienten, Dienstleister und Gesundheitsämter zusammenbringt. Wichtig ist ihm vor allem: »Wir müssen die Herzen der Menschen erobern.« Wirtschaftliche Berechnungen hinderten ihn hingegen beim Umsetzen, wie er zugab.
Zwischen diesen beiden Ansichten bewegt sich Dr. Christian Fehske, Inhaber der Rathaus-Apotheke in Hagen. Er hält »Balance für den Schlüssel zum Erfolg« und spricht von »Mut und Vorsicht« zugleich. Für einen guten Ansatzpunkt hält er es, mindestens 51 Prozent richtige Entscheidungen zu treffen. Obwohl auch er die Stärke der Vor-Ort-Apotheke darin sieht, »keine Berührungsängste zu haben« und die Gäste, wie er seine Kundinnen und Kunden nennt, in schwierigen Situationen auch mal in den Arm zu nehmen, müsse man als Unternehmer irgendwann »einen Strich machen«, also Bilanz ziehen und nachrechnen.
PZ-Redakteurin Daniela Hüttemann moderierte die Diskussionsrunde. / © PZ/Alois Müller
Für Melanie Tilgner, Leiterin der Vita Apotheke in Hamburg, wird dann »Energie frei«, wenn Inhaberinnen und Inhaber in ihr Personal investieren, deren Ausbildung und Schulung. Einmal im Jahr setze sie sich mit ihrem Team zusammen, um über neue Ideen und Strategien zu sprechen. Ihr Hauptziel ist es, Prozesse so zu optimieren, dass am Ende mehr Zeit für die Patientenversorgung bleibt. Das könne ein digitaler Telefonassistent sein oder aber attestierte Telepharmazie. Besonders am Herzen liegen ihr die pharmazeutischen Dienstleistungen, die mitunter eine gewisse Aktivierungsenergie erforderten, bevor sie durchstarten und dann durchaus wirtschaftlich attraktiv werden.
Für Tatjana Buck, die mit ihrem Mann die Vital Apotheke Bad Saulgau führt, ist Gesundheit kein Produkt, sondern eine Beziehung. »Prävention macht die Apotheke sexy«, sagt sie. Die Apothekerinnen und Apotheker sollten ihr Wissen so einbringen, dass ein gesundheitliches Problem erst gar nicht auftaucht. In ihrer Offizin hat sie einen Wellbeing-Bereich eingerichtet, bestehend aus drei Beratungsräumen und einem Lounge-Bereich. Gesundheit will sie zum Treffpunkt machen. Ein Ort, an dem sie inzwischen sogar erfolgreich Gen-Tests anbietet. Ihre Vision ist es, die Apotheke in Zukunft als »erste Anlaufstelle der Versorgung« zu etablieren.
Während Melanie Tilgner, Eva-Maria Lippke und Christian Fehske vergangenen März beim PZ-Management-Kongress in Palma de Mallorca ihr Geschäftsmodell genauer vorstellten, werden Tatjana Buck und Nojan Nejatian beim nächsten Mal vom 25. bis 27. März 2026 als Referenten dabei sein. Weitere Informationen und Anmeldung unter www. pz-kongress.de.