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Jenseits von Diabetes

Potenzielle Antitumor-Mechanismen von Metformin

Ein Kernmerkmal von bösartigen Tumoren ist, dass sie ihren Stoffwechsel umstellen. Genau hier kann das Antidiabetikum Metformin ansetzen. Eine Übersicht über potenzielle Antitumoreffekte geben jetzt chinesische Forschende.
Theo Dingermann
05.11.2024  11:00 Uhr

Tumorzellen sind zur Energiegewinnung und zum Wachstum auf einen deregulierten Stoffwechsel angewiesen. Kann sich daher eine metabolische Reprogrammierung durch das orale Biguanid Metformin günstig bei Tumorerkrankungen auswirken? Diese Frage stellten sich Forschende um Qihai Sui vom Zhongshan Hospital der Fudan Universität in Shanghai, China. In ihrer Übersichtsarbeit, die jetzt im Fachjournal »Pharmaceutical Research« erschien, fassen die Forschenden die Daten aus der Literatur zusammen, die das Potenzial von Metformin andeuten, die veränderte Stoffwechsellage in bösartigen Tumoren zu stören.

Hinweise darauf, dass Metformin einen positiven Effekt bei Tumorpatienten haben kann, stammen unter anderem von einer Studie, die im Jahr 2005 im »British Medical Journal« (BMJ) publiziert wurde. In dieser Fall-Kontroll-Studie mit 2829 Typ-2-Diabetikern zeigte sich, dass Patienten, die mit Metformin behandelt wurden, eine um 23 Prozent geringere Krebsinzidenz in der diabetischen Bevölkerung aufwiesen. Allerdings sind in der Literatur auch Studien zu finden, in denen keine Antitumoreffekte von Metformin nachgewiesen wurden.

Metformin greift vor allem in den tumorspezifischen Stoffwechsel ein

In erster Linie wird erforscht, wie sich Metformin auf den Stoffwechsel von Tumorzellen, die Immunregulation und die Signaltransduktionswege auswirkt. So zeigten mehrere Studien, dass Metformin die Stoffwechselmechanismen von Tumoren gezielt beeinflussen kann, indem es die Glykolyse, Lipidsynthese und posttranskriptionelle Modifikation von Proteinen hemmt und so die Proliferation der Tumorzellen stört.

Jüngere Studien deuten an, dass Metformin eine gewisse antineoplastische Wirkung entfaltet, beispielsweise dadurch, dass es die AMP-aktivierte Proteinkinase (AMPK) aktiviert, den mitochondrialen Komplex I und dadurch die ATP-Produktion hemmt sowie eine Energiestressreaktion einleitet. Dies führt zu Veränderungen im Zellstoffwechsel, die das Tumorwachstum bremsen können.

Metformin interferiert auch mit dem Warburg-Effekt, einem bekannten Stoffwechselmerkmal von Krebs, bei dem die Tumorzellen auch in Gegenwart von Sauerstoff bevorzugt Energie durch Glykolyse und anschließende Milchsäuregärung produzieren. Es gibt Hinweise darauf, dass Metformin diesen Effekt unterbricht und dadurch ein gewisses Maß an normaler zellulärer Atmungsfunktion wiederherstellt.

Zudem stört das Biguanid den Proteinsyntheseprozess durch Aktivierung des AMPK-Signalwegs und die Hemmung der Aktivität des mTOR-Signalwegs. Die Serin/Threonin-Kinase mTOR ist ein zentraler Regulator des Wachstums, des zellulären Stoffwechsels und des Überlebens. mTOR aktiviert andere Makromoleküle durch Phosphorylierung. Ist der mTOR-Signalweg in Tumoren aktiviert, bedeutet dies eine schlechte Tumorprognose.

Verstärktes Interesse an Krebsmetabolomik

Immer stärker konzentriert man sich in der Tumorforschung auch auf die metabolische Umprogrammierung durch die maligne Entartung. Das schnell wachsende Wissen in der angewandten Krebsmetabolomik legt die metabolischen Anfälligkeiten einiger spezifischer Krebsarten offen und bietet neue, zusätzliche Interventionsoptionen.

Dabei konzentriert man sich nicht nur auf die Tumorzelle selbst. Ähnlich bedeutend ist die Mikroumgebung von Tumoren, die Metformin ebenfalls beeinflusst. Die Autoren der Übersichtsarbeit heben in diesem Zusammenhang das Potenzial des Wirkstoffs hervor, Immunantworten zu modulieren, das sich synergistisch mit bestehenden Krebstherapien auswirken könnte.

Kritisch merken die Autoren an, dass derzeit noch die meisten Daten zur Antitumorwirkung von Metformin aus In-vitro-Studien stammen. Sauber durchgeführte klinische Studien seien kaum zu finden. Daher sei auch vor einem unkritischen Einsatz von Metformin als Tumortherapeutikum zu warnen. Es fehle an klar definierten Indikationen, an kritisch ermittelten wirksamen Konzentrationen und Dosierungsschemata und an Kombinationspartnern. Denkbar wäre auch, dass mit anderen Biguaniden stärkere Antitumorwirkungen zu erzielen wären, so die Forschenden.

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