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Universität Jena

Politik will Ausbau der Pharmazie vorerst nur prüfen 

In Thüringen warnen die Apotheker seit Jahren vor einem drohenden Nachwuchsmangel. Die Politik hatte zuletzt bereits mehr Studienplätze an der Universität Jena in Aussicht gestellt. Nun allerdings will man zunächst einmal nur prüfen, unter welchen Bedingungen ein Ausbau vor Ort überhaupt machbar ist.
Stephanie Schersch
23.09.2020  11:30 Uhr

Wer als Apotheker in Thüringen einen Job sucht, kann sich im Prinzip entspannt zurücklehnen und muss nicht viel tun: Zwölf Stellen kommen im Schnitt auf einen Bewerber, von denen sich dieser die beste aussuchen kann. Das Nachsehen allerdings haben die Inhaber der rund 530 Thüringer Apotheken. Denn sie haben mitunter große Probleme, Nachwuchs zu rekrutieren.

Der Thüringer Apothekerverband (ThAV) verweist seit vielen Jahren auf diese schwierige Situation und fordert ein Signal aus der Politik. Demnach fehlen Fachkräfte auch, weil im Freistaat schlichtweg zu wenig ausgebildet wird. Im Kern geht es den Apothekern daher um einen Ausbau des pharmazeutischen Instituts an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Derzeit schließen dort im Schnitt rund 80 Pharmazeuten ihr Studium mit dem dritten Staatsexamen ab – viel zu wenig, findet ThAV-Chef Stefan Fink. »Wir brauchen einen Output von 100 bis 120 Absolventen, um die Lücke zu schließen«, sagte er im Gespräch mit der PZ. Dabei verweist er auch auf die geburtenstarken Jahrgänge, die mittelfristig in das Rentenalter kommen. So werden nach Angaben der Apothekerkammer Thüringen in 20 Jahren circa 400 Apotheker und 650 Pharmazieingenieure allein aus Altersgründen aus dem Berufsleben ausgeschieden sein.

»Ein Kompromiss und noch nicht einmal der beste«

Zuletzt hatten sich die Apotheker in der Landespolitik recht erfolgreich Gehör verschafft. Mit SPD, FDP und Linken hatten gleich drei Parteien einen Ausbau des Pharmaziestudiums an der Uni Jena in ihren Programmen zur Landtagswahl 2019 verankert. Im vergangenen Herbst hatte schließlich die FDP mit Unterstützung der CDU einen entsprechenden Antrag in den Landtag eingebracht und die rot-rot-grüne Regierung zum Handeln aufgefordert. Das zuständige Wissenschaftsministerium allerdings blockte und kann keinen flächendeckenden Apothekermangel erkennen.

Immerhin aber hat die FDP-Initiative Bewegung in die Sache gebracht. Inzwischen hat sich ein breites Parteienbündnis aus SPD, Linken, Grünen, FDP und CDU zu einem Alternativantrag durchgerungen. Demnach sollen die Ausbildungskapazitäten im Fach Medizin an der Uni Jena um 10 Prozent steigen. Die Apotheker hingegen müssen sich mit einem Prüfauftrag zufriedengeben, um zunächst einmal die Voraussetzungen für einen Ausbau des pharmazeutischen Instituts abzuwägen.

Wirklich zufrieden ist die FDP-Fraktion nicht mit dem gemeinsamen Antrag. »Das ist natürlich nur ein Kompromiss und noch nicht einmal der beste«, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Liberalen, Robert-Martin Montag, gegenüber der PZ. Über das breite Bündnis könne man dem Ministerium nun aber immerhin Beine machen, das Thema endlich anzugehen.

Veraltete Strukturen

Tatsächlich ist die Ausgangslage im Fachbereich Pharmazie weitaus komplizierter als in der Medizin. So ist das pharmazeutische Institut in die Jahre gekommen und verfügt nicht über ausreichend moderne Laborkapazitäten. Eine einfache Aufstockung der Studienplätze würde daher nicht viel bringen. Vielmehr ist ein Neubau erforderlich, um langfristig mehr Studenten aufnehmen zu können. Montag ist überzeugt davon, dass die im Antrag vorgesehene Prüfung genau zu diesem Schluss kommen wird. »Es kann gar kein anderes Ergebnis geben«, sagte er.

Ganz so optimistisch zeigt man sind in der Apothekerschaft bislang nicht. Man hoffe, dass die Prüfung für einen Neubau spricht, sagte ThAV-Chef Fink. »Dann wird sich zeigen, ob die Parteien gegen den Widerstand des Ministeriums dafür kämpfen werden.« Die Grünen-Abgeordnete Babette Pfefferlein hält den Prüfauftrag zunächst für ausreichend. So müsse man einerseits den tatsächlichen Bedarf am Institut ermitteln, sagte sie auf Nachfrage. Zudem sollte man den Prozess nutzen, um geeignete Anreize zu finden, »die hier ausgebildeten Pharmazeuten auch in Thüringen zu halten«. Linken-Gesundheitsexperte Ralf Plötner verweist auf den sogenannten Thüringen-Monitor aus dem vergangenen Jahr. 99 Prozent der Befragten seien demnach zufrieden mit der Erreichbarkeit der Apotheken, 83 Prozent plädierten hingegen für einen Ausbau der Medizinstudienplätze. Der gemeinsame Antrag der Parteien weise damit in die richtige Richtung, sagte er. Cornelia Klisch von der SPD wollte sich nicht zu diesem Thema äußern.

Im SPD-geführten Wissenschaftsministerium zeigt man sich derweil kompromissbereit. Einer Erhöhung der Studienplätze in Jena stehe man offen gegenüber, erklärte das Ministerium auf Anfrage. »Voraussetzung ist allerdings, dass der Landtag als Haushaltsgesetzgeber die dafür nötigen Mittel bereitstellt, die sich nach erstem groben Überschlag auf einen mindestens zweistelligen Millionenbetrag belaufen.« Grundsätzlich muss es nach Meinung des Ministeriums aber auch darum gehen, mehr Absolventen für eine Tätigkeit in Thüringen zu gewinnen. Hier müsse sich die Apothekerschaft mit eigenen Ideen einbringen.

Die Zeit drängt

Allzu viel Zeit lassen sollte sich die Politik mit ihrer Untersuchung nicht, mahnte Fink. »Wenn sich nichts tut, werden wir in ein Fachkräfteproblem hineinlaufen, das wir nicht mehr zurückdrehen können.« Nach Meinung des ThAV-Chefs steht zudem der Ruf des pharmazeutischen Instituts in Jena auf dem Spiel. So sei es schwierig, mit Blick auf die veralteten Strukturen junge Professoren zu halten und attraktive Studienbedingungen zu schaffen.

Die CDU hat bereits Pläne, wie es nach dem Prüfauftrag weitergehen soll. »Wir schaffen jetzt eine Datengrundlage, auf der dann aufgebaut werden kann«, sagte CDU-Gesundheitsexperte Christoph Zippel. Er hatte zuletzt auch im Landtag immer wieder vor einem Apothekermangel in Thüringen gewarnt. Jetzt sollen die Daten den entscheidenden nächsten Schritt einleiten, um den Ausbau an der Uni Jena voranzutreiben.

Kurzfristig wird das allerdings nicht möglich sein. So hat das Wissenschaftsministerium Zippel zufolge bis Mitte 2021 Zeit für seine Datenerhebung. Unklar ist auch, wie sich die für das kommende Frühjahr vorgesehene Neuwahl des Thüringer Landtags auf das Thema auswirken könnte.

 

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