Politik
"Das GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz gefährdet tausende von Arbeits-
und Ausbildungsplätzen in Apotheken." Mit diesen ungewöhnlich scharfen
Worten kritisierte Hans-Günter Friese, Präsident der ABDA -
Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, den gerade bekannt
gewordenen Gesetzentwurf der neuen rot-grünen Bundesregierung, der
bereits am Mittwoch in erster Lesung im Deutschen Bundestag behandelt
werden soll.
Einmal mehr wird schwerpunktmäßig der Arzneimittelbereich zur Gegenfinanzierung
der angekündigten Wahlversprechen herangezogen. Die von der Regierung jetzt
vorgelegten Sparmaßnahmen werden Einkommensverluste von 30 bis 35 Prozent
zur Folge haben. "Da alle Rationalisierungsmaßnahmen bereits ausgeschöpft sind",
so Friese, "wird dies unweigerlich zu einer Entlassungswelle in den Apotheken führen
müssen."
Trotz der allgemeinen konjunkturellen Lage und trotz der Einkommensverluste, die
die Apotheken bereits mit dem Gesundheitsstrukturgesetz von 1993 erlitten haben,
hätten sie in den letzten Jahren rund 10.000 neue Arbeitsplätze geschaffen und die
Gesamtzahl der Beschäftigten auf über 130.000 erhöht, um die Qualität der
Arzneimittelversorgung weiter zu verbessern. Daß diese permanente Erhöhung der
Beratungsqualität auch bei der Bevölkerung ankommt, zeige das jüngst vorgelegte
Kundenbarometer, das die Apotheken in der Zufriedenheit der Deutschen mit
Dienstleistungen erstmals an die erste Stelle brachte.
Es sei völlig unverständlich, so Friese, daß ausgerechnet die neue Bundesregierung,
die mit dem ausdrücklichen Ziel der Schaffung neuer Arbeitsplätze angetreten ist, als
eine ihrer ersten Maßnahmen ein Programm zur Vernichtung von Arbeits- und
Ausbildungsplätzen in den Apotheken aber wohl auch in der pharmazeutischen
Industrie und im Großhandel vorlegt. Wegen des hohen Frauenanteils an den
Arbeitsplätzen in Apotheken werden insbesondere Frauen betroffen sein, deren
wohnortnahe und qualifizierte Arbeitsplätze nun unmittelbar bedroht sind.
Die Arzneimittelpreise liegen heute auf dem Niveau von 1988, der mengenmäßige
Arzneimittelverbrauch ist trotz gestiegener Bevölkerungszahl und veränderter
Altersstruktur um 15 Prozent niedriger als 1992 und der Anteil der
Arzneimittelausgaben an den Gesamtausgaben der Krankenkassen konnte von 15
auf 12,5 Prozent zurückgeführt werden. Wäre in allen anderen Ausgabenbereichen
der Gesundheitsversorgung annähernd so scharf eingegriffen worden, könnten die
GKV-Beitragssätze heute bei etwas über 10 statt bei fast 14 Prozent liegen.
Gerade vor diesem Hintergrund bedauerte Friese, daß die neue Bundesregierung
nun nicht die Chance nutze, endlich mit und nicht weiter an dem Arzneimittel zu
sparen. Leider habe sich die neue Koalition bisher dem konstruktiven Dialog mit der
Apothekerschaft hierzu entzogen. Friese verwies in dem Zusammenhang auf die
ausdrückliche Bereitschaft der Apotheker, ihren Sachverstand in die Diskussion um
die Weiterentwicklung des Gesundheitswesens und der Arzneimittelversorgung
einzubringen.
Er nannte beispielhaft das Konzept der "Pharmazeutischen Betreuung" sowie das
Telematik-Projekt der ABDA, mit dem die Bundesregierung ihre Vorstellungen zur
Modifikation der Versichertenkarte sinnvoll umsetzen könne. Wenn man bedenke,
daß in jedem zweiten Fall der Arzneimitteleinsatz zum Nutzen der Patienten
verbessert werden könne, indem man vermehrt die pharmazeutische Kompetenz der
Apotheker nutze, werde klar, welche Möglichkeiten sich hier bieten.
Artikel von der PZ-Redaktion
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