Politik
Die Deutschen ist insgesamt zufrieden mit den Apothekern, doch als
Berater bei Gesundheitsfragen schätzt er ihn wenig. Dies ermittelte eine
von Janssen-Cilag veranlaßte Studie. Sie enthält eine Bestandsaufnahme
aller repräsentativer Untersuchungen über Einstellungen und Erwartungen
der letzten zehn Jahre als ein erster Schritt, der zu weiteren Untersuchungen
führen soll. Die Ergebnisse dieser Desk Research Studie wurden von
Professor Dr. Jürgen Wasem, Gesundheitsökonom an der
Ludwig-Maximilians-Universität, München, und Dr. Bernd Güther,
Sozialwissenschaftler sowie Projektmanager und Bereichsleiter
Gesundheitsversorgung/-ökonomie bei der I+G Gesundheitsforschung,
München, auf einer Pressekonferenz Ende September präsentiert.
Der Studie zufolge hält die Mehrheit der Bevölkerung den Apotheker für
verständnisvoll, kompetent, vertrauenswürdig und zuverlässig. Entsprechend hoch ist
auch das gesellschaftliche Ansehen des Apothekerberufs bei den Menschen: Auf
einer Beliebtheitsskala, die 17 Berufe aufführt, steht der Apotheker an siebter Stelle.
Übertroffen wird er von Arzt, Pfarrer, Rechtsanwalt, Hochschulprofessor,
Botschafter und Unternehmer. (Quelle: Institut für Demoskopie Allensbach). Das
positive Erscheinungsbild bestätigt sich zudem in dem Prozentsatz der Befragten, die
eine "Stammapotheke" haben. 1981 gaben dies 59 Prozent der Befragten an, 1991
waren es schon 61 Prozent. Der Apothekerverband Nordrhein ermittelte für 1991
sogar 84 Prozent. Daß die Zahl der Apotheken seit den 80er Jahren erheblich
gestiegen ist und dem Kunden somit einen Wechsel erleichtern würde, hat demnach
keinen Einfluß.
Kritischer steht die Bevölkerung dem Apotheker jedoch in seiner Eigenschaft als
Berater gegenüber - zumindest wenn es über die Arzneimittelberatung hinaus um
Gesundheitsprobleme geht. Auf die Frage, wem sich die Patienten eher anvertrauen
würden, nämlich dem Arzt oder dem Apotheker, bevorzugten rund 87 Prozent von
2000 Befragten den Arzt. Nur sieben Prozent dagegen sprachen sich für den
Apotheker aus. Dies ergab eine vom Hartmannbund beauftragte
Emnid-Untersuchung von 1996. Eine von der ABDA- Bundesvereinigung Deutscher
Apothekerverbände veranlaßte Studie kam zu ähnlichen Ergebnissen: Hier rangierten
die Apotheker ebenfalls weit hinter den Ärzten - und sogar noch hinter dem
Fernsehen und den Krankenkassen.
Als ein wichtiger Grund wird die fehlende dauerhafte Beziehung des Patienten zum
Apotheker genannt. Der Patient trete hier überwiegend nur in der Rolle des
Verbrauchers beziehungsweise des Käufers auf. So vermißten Patienten das für eine
Beratung notwendige vertrauliche Umfeld, das erst ein persönliches Gespräch
ermögliche. Auch könne in Apotheken zu wenig Zeit für Beratungsgespräche
aufgewendet werden. Eine knappe Mehrheit der Befragten von rund 40 Prozent
dagegen glaubt, daß der Apotheker nicht der kompetente Ansprechpartner in
Gesundheitsfragen sei.
Geht es um die Beratung über Arzneimittel, klaffen die Ergebnisse allerdings
auseinander. Die im Auftrag von der ABDA gegebene Umfrage ermittelte eine
Beratungsquote von über 60 Prozent zugunsten des Apothekers, dagegen kamen
Untersuchungen - je eine von den betrieblichen Krankenkassen und von der
Infratest Gesundheitsforschung im Auftrag des Bundesfachverbands der Arzneimittel
(BAH) - auf eine Quote von nur 30 Prozent. Der Studie zufolge sind die
unterschiedlichen Ergebnisse auf eine Befragungstechnik zurückzuführen, die
überprüft werden muß.
Als Informationsquelle zum Thema Gesundheit steht der Apotheker an vierter Stelle.
Hier erreicht er - je nach Alter aufgeschlüsselt - 28, 25 und 32 Prozent (18 bis 34,
35 bis 54 und 55 bis 75 Jahre). Auch hier liegt der Arzt wieder vorn (54, 60, 76
Prozent), gefolgt von Fernsehen und Zeitschriften. Eine beachtliche Zahl von Bürgern
immerhin greift zu den Apothekerzeitschriften (13, 27, 36 Prozent). Sie rangieren
damit an sechster Stelle.
Laut der Studie ist die Zufriedenheit der Patienten mit dem Gesundheitssystem
insgesamt relativ groß. Es erhielt die Durchschnittsnote von 3,0 (Die Skala reicht von
1 bis 5). Am besten schnitt die Gesundheitsversorgung durch niedergelassene Ärzte
mit der Note 2,5 ab. Die Arzneimittelversorgung kam auf die Note 2,6. Gegenüber
Arzneimitteln jedoch sind die Patienten vorsichtig eingestellt. Das sagten über 80
Prozent der befragten Personen sowohl in den Umfragen von 1990 als auch 1994.
Zwischen 70 und 80 Prozent immerhin glauben einschätzen zu können, wann sie ihre
Beschwerden selbst - ohne Hilfe des Arztes - behandeln können., Selbstmedikation
in der Bundesrepublik Deutschland.
Nach Janssen-Cilag wurde mit dieser Bestandsaufnahme erstmals das Befinden der
Patienten zum Gesundheitswesen gebündelt. Um Forschungslücken zu schließen, will
Janssen-Cilag die Arbeit mit einer eigenen repräsentativen Primärbefragung
fortsetzen. Erst wenn man die Einstellungen und Erwartungen der Patienten kenne,
könne man das Gesundheitssystem der Zukunft kundengerecht gestalten, so die
Begründung.
PZ-Artikel von Susanne Jöckle, Eschborn
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