Deutscher Apothekertag
1996
Expopharm
erstmals in Leipzig
Auf dem hoch modern
eingerichteten Leipziger Messegelände präsentierte sich
dem Fachpublikum - erstmals in den neuen Bundesländern -
die größte europäische pharmazeutische Fachmesse
Expopharm vom 24. bis 27. Oktober 1996. Eröffnet wurde
sie traditionell mit einer Ansprache des Vorsitzenden des
Deutschen Apothekerverbandes Hermann Stefan Keller.
481 Aussteller belegten in den Messehallen 2 und
4 knapp 19 000 Quadratmeter mit ihren Ständen. Keller
vermerkte erfreut die hohe Beteiligung von Firmen aus dem
Ausland. Neben zahlreichen europäischen Ausstellern
waren in Gemeinschaftsbeteiligungen acht Firmen aus den
USA sowie 13 Firmen aus Mexiko vertreten. Vor dem
Hintergrund der bevorstehenden Entwicklung der Märkte
Osteuropas wertete Keller die Gemeinschaftsbeteiligung
von 13 Firmen aus Ungarn als interessant. Die Werbe- und
Vertriebsgesellschaft deutscher Apotheker zählte zu Ende
der Messe 18 000 Besucher.
Apothekerliche Kompetenz zur Verbesserung des Systems
nutzen
Zu gemeinsamem Handeln in der bewährten
Leistungskette Industrie Großhandel - Apotheke" lud
der DAV-Vorsitzende seine Zuhörer ein. Es gelte, den
Wert des Arzneimittels für den Patienten zu steigern.
Schließlich sei die Arzneimitteltherapie die
kostengünstigste Behandlungsmethode. Besorgt äußerte
er sich zu den im Rahmen der Gesundheitsreform von der
Bundesregierung vorgesehenen strukturellen Maßnahmen,
mit dem sich das System selbst regeln soll. Keller
meldete erhebliche Zweifel an, ob dort, wo die
Kassen die Zuzahlung nach Stoffgruppen oder
Indikationen" gemäß künftigem Neuordnungsgesetz
(2. NOG) erhöhen können, der Bogen für die
Systemfreiheit nicht überspannt wird. Die
Apothekerschaft sei damit nicht einverstanden, da dies zu
Lasten der Patienten und der Apotheken gehe.
Keller signalisierte zugleich die Bereitschaft der
Apotheker, verstärkt als kundige Lotsen in der
Arzneimittelversorgung zu dienen und so zur
Systemsteuerung beizutragen". Zwar habe die
Arzneiversorgung in Deutschland ein außerordentlich
hohes Niveau zu einem international günstigen
Preis-Leistungs-Verhältnis erreicht, doch könne das
System mit einer verstärkten Inanspruchnahme
apothekerlicher Kompetenz entscheidend verbessert werden.
In jedem zweiten Fall sei die Arzneimittelanwendung durch
den Patienten selbst verbesserungswürdig. So belegten
Metastudien, daß 5 Prozent aller Krankenhauseinweisungen
auf Arzneimittelnebenwirkungen zurückzuführen sind, die
zur Hälfte durch eine bessere Patientenführung
vermieden werden könnten.
Erneut warb der DAV-Vorsitzende gegenüber den Verbänden
der Pharmaindustrie und -Großhändler für die
Vorschläge der ABDA zur Modifizierung der
Arzneimittelpreisverordnung und der Einführung von
festbetragsgruppenspezifischen Festzuschlägen (FF), die
bei Bundesgesundheitsminister Seehofer ein hohes
Maß an Sympathie" gefunden hätten. Bislang seien
die Apotheken als letztes Glied in der Kette bei den
Kostendämpfungsmodellen stets die Leidtragenden gewesen,
da diese kumulativ in der Apotheke endeten. Wenig
hilfreich nannte Keller die vorgetragenen Horrortrips und
Feindbilder: Wer Distributionswege und PostMed oder
ähnliches favorisiert, will doch in Wahrheit den
Fortschritt eines qualitätsorientierten Versorgungswegs
verhindern. Unsere Vorschläge sind Fortschritt, sie
basieren auf den Zeichen der Zeit: Zusammenarbeit mit
Ärzten und mehr Verantwortung für den Apotheker.
Deshalb wollen wir die zwei entscheidenden Vorschläge
politisch durchsetzen."
Keller weiter: Die Drehung ist unsere Antwort auf
Vorschläge zur kompensationslosen Kappung der
Apothekenspannen im oberen Preisbereich, die auch von
Industrievertretern in das Gesundheits- und
Wirtschaftsministerium getragen worden sind. Sie stellt
das Mischkalkulationsprinzip der
Arzneimittelpreisverordnung wieder auf eine allseits
akzeptierte Grundlage. Wer oben kürzen will, muß in den
restlichen Preisbereichen kompensieren." Der
Wertschöpfungsanteil der Industrie bei den GKV-Ausgaben
habe sich seit 1978 von 51 auf fast 56 Prozent erhöht,
während gleichzeitig der Apothekenanteil von 28 auf 22
Prozent zurückgegangen und der Anteil des Handels
gesunken sei.
Die vielfach mißverstandenen FFs ansprechend, stellte
Keller klar, daß durch sie die Preisunterschiede vor
allem im generikafähigen Markt geringer werden. Die
AMpreisV verstärke heutzutage die
Herstellerpreisunterschiede auf Apothekenebene. Die FFs
würden diese Amplifikation mildern, da sie auf den
durchschnittlichen Apothekeneinkaufspreis in jeder
Festbetragsgruppe und nicht auf den individuellen
Einkaufspreis angewandt würden. Schon jetzt gebe es
Zonen mit Festzuschlägen. Es würde also keine
Industriefirma ausradiert und der Standort Deutschland
nicht gefährdet. Unsere Vorstellungen", so
der DAV-Vorsitzende, stellen den einheitlichen
Abgabepreis nicht zur Disposition. Eine leicht gedrehte
Taxstruktur würde für alle Arzneimittel gelten und auch
die FFs würden für alle Arzneimittel mit Festbetrag
gelten - es gäbe also keinen gespaltenen Preis.
Artikel von der PZ-Redaktion
© 1996 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de