Pharmazeutische Zeitung online

BAH favorisiert eine prozentualeSelbstbeteiligung

28.09.1998  00:00 Uhr

- Politik

Govi-Verlag

BAH favorisiert eine prozentuale Selbstbeteiligung

Der Bundesfachverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) hält eine prozentuale Selbstbeteiligung an den Arzneimittelkosten für gerechter als die an Packungsgrößen orientierte Zuzahlungsregelung. Das erklärte der BAH-Vorsitzende Johannes Burges jetzt auf der 44. Jahresversammlung des Verbandes in Bonn. Der BAH werde weiter an der GKV-Front für die sinnvolle Einbettung der Selbstmedikation in den Markt der erstattungsfähigen Arzneimittel kämpfen.

Die Selbstbeteiligung muß nach den Worten des BAH-Vorsitzenden in ein System eingebaut sein, das stärker als in der Vergangenheit den Versicherten die Möglichkeit gibt, ihren Krankenkassenbeitrag beziehungsweise seine Höhe der Selbstbehalte und Beitragserstattungen selber mitzugestalten. Die in diesem Zusammenhang immer wieder geführte Diskussion, man müsse aus Gründen der Beitragssatzstabilität den GKV-Leistungskatalog auf das medizinisch Notwendige begrenzen, hält Burges theoretisch zwar für richtig, politisch jedoch für nicht durchsetzbar.

Burges verurteilte erneut den Entwurf der Neufasssung der Arzneimittelrichtlinien. Der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen versuche genau das, was zwei Jahre zuvor mit der Ablehnung der Positivliste verhindert werden konnte. "Der vorliegende Entwurf hat nichts mehr mit Empfehlungen für eine rationale Arzneimitteltherapie zu tun, sondern stellt aus Sicht des BAH einseitig ökonomische Gesichtspunkte in den Vordergrund" Träten die Arzneimittelrichtlinien in der vorgelegten Form in Kraft, werden nach Auffassung des BAH den Hausärzten wichtige therapeutische Möglichkeiten aus der Hand genommen. Die weitgehende Ausgliederung aus der GKV-Erstattungsfähigkeit führte zu einer zunehmenden Zwangsprivatisierung der Gesundheitskosten bei den Arzneimittel. Zudem sei der Richtlinienentwurf verfassungswidrig, wie das Rechtsgutachten des Bonner Staatsrechtlers Professor Dr. Fritz Ossenbühl deutlich mache.

Am Prinzip der Arzneimittelpreisverordnung mit freiem, vom Hersteller festgesetzten Abgabepreis und einheitlichem Apothekenabgabepreis hält der BAH fest. Versuche der Krankenkassen, für den nicht festbetragsfähigen Arzneimittelbereich Preisverhandlungen einzuführen, lehnt der BAH ab. Burges: "Sie sind der schlecht getarnte Versuch, über ein bewußt herbeigeführtes Scheitern der Preisverhandlungen den Einstieg in ein von den Kassen gewolltes Einkaufsmodell zu erreichen. Dies führe wiederum zur Listenmedizin, die der BAH entschieden ablehnt.

Oberender: "Die ökonomische Realität regiert die Welt"

Eine Öffnung des bestehenden Gesundheitssystems sagte Professor Dr. Peter Oberender, liberaler Ökonom aus Bayreuth, voraus. Nicht Seehofer, die Apotheker oder die Industrie würden darüber entscheiden, sondern der Europäische Gerichtshof. "Die ökonomische Realität regiert die Welt", sagte Oberender mit Blick auf die demographische Entwicklung mit stetig wachsendem Rentenquotient.

Der Euro wird nach Oberenders Einschätzung das System transparenter machen. Vor allem vor dem Hintergrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 28. April 1998, wonach jeder EU-Bürger das Gesundheitswesen in jedem EU-Mitgliedstaat in Anspruch nehmen und von der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung die Übernahme der Kosten verlangen kann, ist es für den Ökonom fraglich, ob ein Gesundheitstourismus aufblühen wird. Eher würden im Arzneimittelsektor die Erstattungen abgeschafft und die Selbstbeteiligung erhöht.

Große Veränderungen erwartet Oberender in der Umsatzstruktur der Apotheken, die sich heute aus rund 61,5 Prozent rezeptpflichtigen Arzneimitteln, 15,6 Prozent verordneten OTC-Präparaten und 14,5 Prozent Selbstmedikation zusammensetzt. Schließlich werde sich der Markt in zwei Segmente spalten, die sich über einen Preis- und einen Qualitätswettbewerb profilieren könnten. Für die am Gesundheitswesen Beteiligten heiße das: neue Segmente, vor allem Dienstleistungen erschließen. Qualitative Kriterien würden wegen der Veränderungen in der Gesellschaft immer wichtiger. Man müsse dann eine Antwort auf die Frage haben: Wie wirkt sich eine Therapie auf die Lebensqualität aus? Im Zuge all dessen fällt die Arzneimittelpreisverordnung, Fremd- und Mehrbesitz, Auseinzelungsverbot, Publikumswerbung und Rezeptpflicht, schließlich alternative Vertriebswege über Internet (heute schon Realität), Krankenkassen, Ärzte, Automaten oder Versand würden neu gewichtet werden, erwartet Oberender.

PZ-Artikel von Gisela Stieve, Bonn
Top

© 1997 GOVI-Verlag
E-Mail:
redaktion@govi.de

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa