Politik
Der umstrittene Modellversuch einer kontrollierten Abgabe von Haschisch
in Schleswig-Holsteins Apotheken ist (vorerst) endgültig vom Tisch. Das
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat den
Widerspruch der Kieler Sozialministerin Heide Moser gegen die Ablehnung
des Modellprojektes "Kontrollierte Abgabe von Cannabis" mit Bescheid vom
1. September zurückgewiesen. Moser erklärte in Kiel, sie werde auf eine
Klage verzichten. Statt dessen werde sie den gesetzlichen Weg über den
Bundesrat gehen, um per Gesetzesänderung die Voraussetzungen für den
Modellversuch zu schaffen.
Eine erneute Prüfung der Sach- und Rechtslage habe ergeben, daß der ablehnende
Bescheid vom Mai des Jahres rechtsfehlerfrei ergangen ist, heißt es in der Begründung
des Berliner Bundesinstitutes. Neue Argumente gegen die Ablehnung habe das Land
Schleswig-Holstein nicht vorgetragen. Das BfArM weiter: Fachliche Versagungsgründe
für den Antrag waren unter anderem, daß keine Maßnahmen gegen eine unkontrollierte
Weitergabe der erworbenen Mengen an Cannabis vorgesehen waren und keine
Maßnahmen zum Schutz der Konsumenten vor Gesundheitsgefahren wie etwa
toxischen Psychosen und Lungenschädigungen eingeplant waren. Weiterhin war unklar,
welche Zielgrößen gemessen werde sollten und wie diese dokumentiert und im Hinblick
auf die Fragestellung ausgewertet und interpretiert werden sollen. Nach Auffassung des
Institutes sind die Risiken eines Forschungsvorhabens am Menschen nicht gerechtfertigt,
wenn die Methode keine zuverlässigen Schlußfolgerungen erwarten läßt.
"Das ist gut so", kommentierte die CDU-Landtagsfraktion die ablehnende Entscheidung
der Berliner Behörde. Die Ankündigung der Ministerin, ihr "gefährliches Vorhaben"
nunmehr durch eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes durchsetzen zu wollen, sei
ein erstes Signal für den beginnenden Bundestagswahlkampf. Die SPD wolle offenbar
die Freigabe von Drogen in Schleswig-Holstein erproben und dann bundesweit
durchsetzen, so die Christdemokraten. Die Grünen hingegen nannten die endgültige
Ablehnung einen Rückschlag für den Weg zu einer besseren Drogenpolitik.
Volker Articus, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, sagte zum
Bescheid des Bundesinstitutes: "Die Gründe für die Ablehnung des Modellvorhabens
durch unseren Verband sind identisch mit der Position des BfArM. Deshalb konnte der
Apothekerverband dem Modellversuch nicht zustimmen.
PZ-Artikel von Karl-Heinz Kraft, Kiel
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