Politik
Für viel Wirbel sorgte eine Pressekonferenz der Laborserv GmbH,
Staufenberg, am 27. August 1997 in Hamburg. Vorgestellt wurde ein
HIV-Heimtest, der ab 1. September 1997 für 37 DM in Apotheken erhältlich
sein sollte. Zwischenzeitlich haben das Bundesgesundheitsministerium sowie
das Paul-Ehrlich-Institut in Langen mitgeteilt, daß eine Zulassung für den Test
nicht erteilt werde und dieser nicht verkehrsfähig sei. Das zuständige
Regierungspräsidium in Gießen hat am 27. August ein Verbot nach § 69 AMG
erlassen.
Journalisten, Ärzte und Apotheker sparten nicht mit Kritik und zeigten sich empört über
die unseriöse Vorgehensweise des hessischen Biotechnologie-Unternehmens, das auf
einer Pressekonferenz der Illustrierten "Neue Revue" den ersten Aids-Test für zu Hause
ankündigte. "Wir sind entsetzt", sagte Axel Oberste-Berghaus als Vertreter des
Hamburger Apothekervereins, der von einem "unglaublichen Vorgang" sprach. Ein
solcher Heimtest könne fatale Konsequenzen haben. Ein positives Ergebnis könne den
Patienten in psychische Not stürzen, ein negatives Ergebnis ihn in falscher Sicherheit
wiegen.
"Wir halten den Heimtest, abgekoppelt vom medizinischen und psychosozialen
Versorgungssystem, für gefährlich", sagte auch Helga Neugebauer, Fachärztin für Innere
Medizin und Mitarbeiterin der Aids-Hilfe Hamburg. Der Test berge Fehlerquellen;
unsachgemäße Handhabung und Lagerung täten ein übriges. Jahrelange
Präventionsbemühungen würden untergraben, nicht umsonst habe der nationale
Aids-Beirat vor über einem Jahr an die Bundesregierung appelliert, die Einführung eines
Heimtestes gesetzlich zu verhindern. HIV-Antikörper seien erst drei bis sechs Monate
nach der Infektion nachweisbar, so daß ein Test trotz vorliegender Erkrankung negativ
ausfallen könne.
Zwar sei der Heimtest "NO-HIV logic" ein Arzneimittel im Sinne des §2 AMG. Da er
jedoch keine Testsera oder -antigene verwende, die dazu bestimmt sind, beim
Menschen die Erreger des Erworbenen Immundefektsyndroms oder deren Antigene
sowie die durch sie hervorgerufenen Antikörper zu erkennen, unterliege der Test nicht
§35 AMG samt Verordnung über Zulassung und Chargenprüfung, sagte Dr. Klaus
Schulz als Sprecher der Firma, die eine Gesetzeslücke nutzen wollte.
Der Test funktioniere analog zu einem Immunoassay als gp 36/41 (Durchfluß-)
Membrantest und verwende dazu synthetische Oligopeptide. Trotz hoher Sensitivität
und Spezifität könne jedes Ergebnis nur als ein Verdacht gewertet werden, ein
Western-Blot-Bestätigungstest sei immer notwendig. Das kleine diagnostische Fenster
mache die Wiederholung des Testes, der sich aus einer automatischen Lanzette zur
Blutentnahme, einer Pipette, einem mit einer Speziallösung gefärbten Glasröhrchen
sowie weiteren Behältern mit Lösungsmitteln und einem "chemischen Brüter"
zusammensetzt, nach acht Wochen notwendig. Die Einführung des Testes ist als
"Weltsensation" nicht nur in der Neuen Revue vom 28. August 1997 auf vier Seiten
angekündigt worden. Die Fernsehrechte hatte die Produktionsfirma der Sendung
"Schreinemakers" erworben.
PZ-Artikel von Christiane Berg, Hamburg
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