Pharmazeutische Zeitung online

Alle sind schuld, nur nicht die Ärzte

09.08.1999  00:00 Uhr

- Politik

AUSGABENENTWICKLUNG

Alle sind schuld, nur nicht die Ärzte

von Karl H. Brückner, Berlin

Die politische Auseinandersetzung um das von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) geplante Notprogramm wird schärfer. In Briefen an Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) und die Landessozialminister haben die Spitzenverbände der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufsichtsrechtliche Schritte gegen die KBV und die 23 regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) gefordert. Die Selbstverwaltung der Kassenärzte hält dagegen an dem Vorhaben fest, bei der Arzneiversorgung eine "Vollbremsung" einzuleiten, um das für 1999 gesetzlich vorgegebene Arznei- und Heilmittelbudget einhalten zu können.

In dem Brief der GKV-Spitzenverbände heißt es, das Budget sei ausreichend. Mit dem Notprogramm, das Ende August endgültig verabschiedet werden soll, verfolge die KBV keine medizinisch begründeten Zwecke. Vielmehr handele es sich um eine "politische Inszenierung" und "politische Propaganda". Die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Einschränkung der Arzneiversorgung - unter anderem "Notrezepte", die bei den Kassen eingereicht werden sollen - werten die Verbände als "Aufforderung zum Rechtsbruch". Deshalb müsse das BMG gegen die KBV vorgehen und koordinierend tätig werden, damit auch die Landesgesundheitsministerien den KVen einheitlich entgegen treten.

Die KBV hat die Intervention der Spitzenverbände zurückgewiesen und den Kassen ein "absolutistisches Rechtsverständnis" sowie "Doppelmoral" bescheinigt. Einerseits sollten die Vertragsärzte für alle nicht zwingend notwendigen Verordnungen zur Kasse gebeten werden, andererseits werde die nun angekündigte Beschränkung auf das zwingend Notwendige als Rechtsbruch bezeichnet. Tatsächlich spürten die Kassen, dass ihre doppelzüngige Argumentation mit dem Notprogramm zusammenbreche. Einer aufsichtsrechtlichen Prüfung des Notprogramms blicke die KBV gelassen entgegen, heißt es in Köln.

Die KBV begründet die vorgesehenen Maßnahmen mit der Ausgabenexpansion. Nach ihren Angaben sind die Arzneimittelausgaben im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat in West- und Ostdeutschland um jeweils 14 Prozent gestiegen. Die Arzneiausgaben der GKV im ersten Halbjahr 1999 werden auf bundesweit 17,9 Milliarden DM beziffert. Damit seien bereits 53 Prozent des Jahresbudgets verbraucht. Für das Gesamtjahr rechnet die KBV jetzt mit einer Budgetüberschreitung um etwa sieben Prozent, allerdings mit deutlichen regionalen Unterschieden. Nach dem Gesetz werden die Kassenärzte für Budgetüberschreitungen von bis zu fünf Prozent vollständig und kollektiv in Regress genommen. Das entspricht einer Summe von maximal etwa 1,8 Milliarden DM.

In einem Argumentationspapier zum geplanten Notprogramm hat die KBV vor allem Politik, Krankenkassen, Krankenhausärzte sowie Pharmaindustrie, Großhandel und Apotheker für die Höhe der Arzneimittelausgaben verantwortlich gemacht.

Selbstverständlich habe darauf "auch der Kassenarzt einen Einfluss", so die KBV einschränkend. Es stelle jedoch eine "ungeheuerliche Verkehrung der tatsächlichen Verantwortungsverhältnisse dar, wenn ausschließlich die Kassenärzte mit Strafen bei Überschreitung eines Budgetvolumens belangt werden sollen, damit alle übrigen für die Ausgabenhöhe Verantwortlichen unbehelligt bleiben können".

KBV prangert hohe Apothekenmargen an

Die Apotheker gehörten wegen der "hohen Handelsmarge" und der "Auswahl teurerer Arzneimittel mit dem gleichen Wirkstoff" zu den Hauptverantwortlichen für die Ausgabenhöhe, behauptet die KBV. Auch dem Pharmagroßhandel wird eine "hohe" Marge vorgehalten. Bei den Herstellern werden "Höchstpreise für neue Arzneimittel" und "Publikumswerbung bei freiverkäuflichen Arzneimitteln" moniert. Die Klinikärzte würden bei der Entlassung "höchstpreisige" Präparate verordnen, kritisiert die KBV weiter. Die Senkung der Patientenzuzahlungen und die Erhebung der Mehrwertsteuer auf Arzneiumsätze mache die Politik zu einem Hauptverantwortlichen für die Ausgabenhöhe. Den Krankenkassen hält die KBV vor, dazu mit dem "Versprechen einer Rundumversorgung" beizutragen sowie mit der Empfehlung des Arztwechsels, wenn Verordnungswünsche zurückgewiesen würden. Top

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