Politik
Wie können Honorarreserven mobilisiert werden? Diese Frage treibt zur
Zeit die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) um. Eine Antwort darauf
sind Bonusverträge, wie sie die Kassenärzte in Berlin, Brandenburg und
Hessen mit Krankenkassen geschlossen haben.
Das Bonusprinzip: Einsparungen bei veranlaßten Leistungen fließen teilweise in den
Honorartopf der Vertragsärzte. In Brandenburg profitiert jetzt der einzelne
Mediziner direkt von reduzierten Arzneiverordnungen bei seinen AOK-Patienten.
Rechnerisch rund 3900 DM erhält jeder der 3100 niedergelassenen Ärzte in diesen
Tagen als Zubrot.
Die Gesundheitskasse hat kürzlich knapp zehn Millionen DM an die KV-Zentrale in
Potsdam überwiesen; einschließlich einer Abschlagszahlung summiert sich der Bonus
für 1997 auf insgesamt rund 12 Millionen DM.
Im vergangenen Jahr sind die Arzneimittelverordnungen für AOK-Versicherte im
Vergleich zum Referenzjahr 1995 um 4,8 Prozent auf 596 Millionen DM gesunken.
Rund 30 Millionen DM an Medikamentenkosten sparte die AOK Brandenburg ein.
Vereinbarungsgemäß fließen davon 40 Prozent zurück in den ambulanten Sektor.
Einem Brief von KV-Chef Dr. Hans-Joachim Helming kann jeder Niedergelassene
entnehmen, wieviel ihm die KV überweisen wird. In dem Schreiben lobt Helming die
Ärzte, daß "durch ihre intensive Beratungstätigkeit ... erhebliche Kosten im
Arzneimittelbereich für Patienten der AOK" eingespart werden konnten. Diese
Einsparungen seien "ohne Minderung der Versorgungsqualität und ausschließlich auf
der Basis einer qualifizierten Beratungstätigkeit der Ärzteschaft" erfolgt, behauptet
der KV-Chef weiter.
Die AOK-Abschlagszahlung von 1997 hatte die KV als Kopfpauschale verteilt. Die
undifferenzierte Ausschüttung war jedoch von Ärzten kritisiert worden. Deshalb wird
die Restzahlung jetzt gestaffelt nach dem Verordnungsverhalten überwiesen.
Maximal bekommt jeder Niedergelassene 2,50 DM je AOK-Patient. Dieser Betrag
wird fällig, wenn der Fachgruppenschnitt um nicht mehr als 25 Prozent überschritten
wurde. Bei höheren Überschreitungen sinkt der Betrag stufenweise bis 0,25 DM pro
Fall bei noch unter 100prozentiger Überschreitung.
Vertragsärzte, die nicht 2,50 DM pro Patient erhalten, sollten eine Analyse ihrer
Verordnungen erwägen, um Einsparpotential auszumachen, rät Helming in seinem
Brief.
Die Bonusvereinbarung wird auch 1998 fortgeführt. Ob es allerdings wieder ein
Honorarzubrot geben wird, ist ungewiß. Denn im ersten Quartal 1998 hat es im
Vergleich zum Referenzjahr 1995 kaum noch Einsparungen gegeben, heißt es bei
der AOK Brandenburg. Ein Mengenproblem gebe es nicht. Aber die verstärkte
Verordnung innovativer, hochpreisiger Arzneimittel bedroht den Bonus-Deal.
PZ-Artikel von Karl H. Brückner, Bonn
© 1997 GOVI-Verlag
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