Politik
Die Tatsache, daß die Selbstmedikation als Teil eines insgesamt
stagnierenden rezeptfreien Marktes deutlich gewachsen ist, zeigt, daß die
nach wie vor rückläufigen Verordnungszahlen rezeptfreier Arzneimittel
durch Selbstkäufe der Patienten kompensiert werden. Bei einem
Pressegespräch in Schloß Gymnich hob der Hauptgeschäftsführer des
Bundesfachverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH), Dr. Mark
Seidscheck, die Rolle der Apotheker lobend hervor. Daß bisher keine
Switches zurückgenommen werden mußten, sei ein Beweis dafür, daß die
Verbraucher vernünftig mit der Selbstmedikation umgehen und daß
Apotheker gut beraten.
Die Unterscheidung des Marktes in Selbstmedikation und verordnete rezeptfreie
Arzneimittel bestätigt nach Seidschecks Erläuterungen den bereits in der zweiten
Jahreshälfte 1997 eingeleiteten Trend einer entgegengesetzten Marktentwicklung in
den beiden Segmenten. Die Verordnungen rezeptfreier Arzneimittel wiesen einen
Umsatzrückgang um vier Prozent auf und lagen gemessen nach der Packungszahl um
sieben Prozent unter dem Niveau des ersten Quartals 1997. Die Selbstmedikation
verzeichnete dagegen ein deutliches Umsatzwachstum von fünf Prozent, welches von
einer Zunahme der verkauften Packungseinheiten um drei Prozent getragen wurde.
In den neuen Bundesländern lag das Wachstum der Selbstmedikation mit sechs
Prozent nach Umsatz und fünf Prozent nach Packungseinheiten noch um jeweils zwei
Prozentpunkte über dem Wachstum in den alten Bundesländern.
Beim Blick in die Zukunft läßt sich der BAH auf keine Spekulationen über die
Bundestagswahl ein. Der Verband setzt vielmehr auf die Stärkung der
Eigenverantwortung, "aber nicht eine Eigenverantwortung, die darauf abzielt, den
Versicherten bei den Arzneimitteln mit immer höheren Zuzahlungen zu belasten".
Nach Seidschecks Worten sollte der Versicherte vielmehr das Wahlrecht haben, ob
er eine Vollkrankenversicherung in Anspruch nehmen will oder ob er über
Selbstbehalte eine Beitragsminderung oder -rückgewährung erzielen will. Eine solche
Regelung stelle grundsätzlich sicher, daß der Versicherungsschutz bei
schwerwiegenden Fällen in jedem Falle erhalten bleibt.
BAH stiftet Lehrstuhl für Präventivmedizin
Der Vorstand des BAH hat beschlossen, an der Medizinischen Fakultät Carl Gustav
Carus der Technischen Universität Dresden einen Lehrstuhl für Präventivmedizin zu
stiften. Zu den Arbeitsgebieten des Lehrstuhles sollen allgemeine präventive
Maßnahmen, Ernährung und Diätetik, Phytotherapie sowie die traditionelle
Anwendung von Arzneipflanzen gehören. Der BAH geht davon aus, daß die
Forschungsergebnisse dem Verband Argumentationshilfen für politische
Entscheidungen bei Zulassung, Nachzulassung auch von vorbeugenden Arzneimitteln
oder der Abgrenzung von Arzneimitteln zu Lebensmitteln liefern können. Die
Finanzierung des Lehrstuhl soll über fünf Jahre mit einem jährlichen Betrag von
300.000 DM laufen.
PZ-Artikel von Gisela Stieve, Erfstadt/Gymnich
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