Politik
Die meisten Länder-Gesundheitsminister und -senatoren bleiben ganz im
Zeichen des Wahlkampfes auf Konfrontationskurs zur Bonner
Gesundheitspolitik. Dazu heißt es in der Ergebnisniederschrift ihrer
zweitägigen Jahreskonferenz im saarländischen Überherrn,
Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer habe die Kostensteuerung im
Gesundheitswesen aufgegeben und nehme statt dessen eine nahezu
ungebremste Ausgabenentwicklung in Kauf. Die damit einhergehenden
Lasten hätten weitgehend die Versicherten zu tragen.
Bei der Anbieterseite weckten Union und Liberale immer höhere finanzielle
Erwartungen. Dagegen sei die Selbstverwaltung der Krankenkassen daran
gehindert, aus eigener Kraft die ihr übertragenen Aufgaben "zum Wohle der
Patienten" zu regeln. Die mit der dritten Stufe der Gesundheitsreform angestrebte
"Vorfahrt für die Selbstverwaltung" habe nicht gegriffen. Neu in das
Sozialgesetzbuch V aufgenommene Vertragselemente hätten sich als nicht umsetzbar
herausgestellt.
Notwendig sei deshalb eine "durchgreifende strukturelle Weiterentwicklung" des
Gesundheitswesens. Sie müsse es ermöglichen, vorhandene
Rationalisierungsreserven auszuschöpfen. Als konkrete Ansatzpunkte werden in
diesem Zusammenhang genannt:
- die im internationalen Vergleich überhöhten Arzneimittelkosten,
- eine bessere Verzahnung von ambulanten und stationären
Versorgungsstrukturen,
- eine stärkere Transparenz des Abrechnungsgeschehens sowie
- eine zielorientierte Budgetierung.
Das Gesundheitswesen als "anbieterorientierter Wirtschaftszweig mit stark
eingeschränkter Konsumenten-Souveränität" unterliege nicht den üblichen Regeln
des Marktes. Der Politik falle deshalb die Aufgabe zu, den notwendigen
Interessenausgleich zwischen Leistungsanbietern und Versicherten durch geeignete
Steuerungsmechanismen zu unterstützen.
Eine Arbeitsgruppe wurde von der Konferenz beauftragt, die gesundheits- und
wirtschaftspolitische Bedeutung des Gesundheitswesens und dessen weitere
Entwicklung zu analysieren.
Als Ziel für die Arbeitsgruppe wurde vorgegeben, die gesundheits-, beschäftigungs-
und wirtschaftspolitischen Entwicklungstrends des Gesundheitssektors zu bewerten.
Ferner seien programmatische Perspektiven für die gesundheitliche Versorgung der
Bundesbürger "auf hohem qualitativen Niveau" zu entwickeln. Die solidarische
gesetzliche Krankenversicherung habe dabei den Rahmen zu bilden.
PZ-Artikel von Jürgen Becker, Bonn
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