Politik
Ab dem 1. Juli 1997
müssen Patienten zum ersten Mal für bestimmte
Hilfsmittel eine 20prozentige Zuzahlung leisten. Dies
ergibt sich aus dem Zweiten Gesetz zur Neuordnung von
Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der
Gesetzlichen Krankenversicherung (NOG 2), das am 12. Juni
1997 vom Bundestag mit Kanzlermehrheit beschlossen wurde
und zum 1. Juli 1997 in Kraft tritt.
Danach wird dem § 83 Absatz 2 des
Sozialgesetzbuches V folgender Satz angefügt:
"Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet
haben, haben zu den Kosten von Bandagen, Einlagen und
Hilfsmitteln zur Kompressionstherapie eine Zuzahlung von
20 vom Hundert des von der Krankenkasse zu übernehmenden
Betrages an die abgebende Stelle zu leisten; der
Vergütungsanspruch nach den Sätzen 1 und 2 verringert
sich um diesen Betrag."
Welche Hilfsmittel sind betroffen
Bandagen: Dies sind die Hilfsmittel aus der
Produktgruppe 05 des Hilfsmittelverzeichnisses. Die
bisher darin enthaltenen Orthesen sollen in eigene
Produktgruppen ausgegliedert werden und damit nicht der
Zuzahlung unterliegen. Die Auflistung der betroffenen
Hilfsmittel ist der ABDA von den Spitzenverbänden der
Krankenkassen am 20. Juni 1997 mitgeteilt worden und im
perforierten Serviceteil der PZ-Druckausgabe 26/97 zu
finden. Für die Apotheken ist ferner von Bedeutung, daß
Verbände wie Mullbinden, Idealbinden,
Zweizug-Kompressionsbinden oder Pütterverbände keine
Hilfsmittel sind und deswegen nicht der Zuzahlung
unterliegen.
Kompressionstherapie: Zu dieser Gruppe
gehören die Hilfsmittel der Produktgruppe 17 des
Hilfsmittelverzeichnisses und damit alle
Kompressionsstrümpfe und -strumpfhosen. Dazu zählen
auch die Befestigungshilfen wie Strumpfhaltersysteme,
Hautkleber oder Leibteile und -gurte und darüber hinaus
auch Einbeinhosen, Kompressionspelotten, Armstrümpfe,
Stumpfstrümpfe sowie Schulterbefestigungen für
Armstrümpfe. Die in der Produktgruppe 17
Kompressionstherapie" auch enthaltenen
Kompressionstherapien für Narben und Brandverletzte
sollen von der Zuzahlung ausgenommen werden (siehe die
Veröffentlichung der Spitzenverbände der Krankenkassen
im perforierten Serviceteil der Druckausgabe).
Einlagen: Gemeint sind hier
orthopädische Einlagen, die in den Apotheken wohl keine
Rolle spielen dürften. Inkontinenzeinlagen gehören
nicht in diese Gruppe.
Wer muß eine Zuzahlung leisten?
Für alle Personen, die in einer gesetzlichen
Krankenkasse versichert sind und das 18. Lebensjahr
vollendet haben, gilt die neue Zuzahlung für die oben
aufgeführten Hilfsmittelgruppen.
Wer ist von der Zuzahlung für Hilfsmittel befreit?
- Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des 18.
Lebensjahres müssen wie bei Arzneimitteln für
Hilfsmittel keine Zuzahlung leisten.
- Personen, die vollständig von der Zuzahlung
befreit sind, weil ihr monatliches
Bruttoeinkommen die im Sozialgesetzbuch
definierte Grenze nicht übersteigt
(Sozialklausel), sind auch von der Zuzahlung für
Hilfsmittel befreit.
- Bezieher von Sozialhilfe, Kriegsopferfürsorge,
Arbeitslosenhilfe, BAföG oder
Ausbildungsförderung nach § 40 des
Ausbildungsförderungsgesetzes beziehungsweise
nach den Regelungen für die Arbeits- und
Berufsförderung Behinderter sind gleichfalls von
der Zuzahlung für Hilfsmittel befreit.
- Schwangere sind aufgrund der Bestimmungen des
Mutterschutzgesetzes und der
Reichsversicherungsordnung von Zuzahlungen für
Verordnungen, die in Zusammenhang mit
Schwangerschaftsbeschwerden oder der Entbindung
stehen, befreit und müssen auch für Hilfsmittel
keine Zuzahlung leisten.
Personen, die nicht in einer gesetzlichen
Krankenversicherung versichert sind, beziehungsweise
Verordnungen, die nicht zu Lasten einer gesetzlichen
Krankenkasse ausgestellt sind, sind auch von der
Zuzahlung für Hilfsmittel nicht betroffen. Dazu
gehören:
- Versicherte der Postbeamtenkrankenkasse (obwohl
sie die höheren Zuzahlungen für Arzneimittel
als Selbstbeteiligung leisten müssen).
- Versicherte des Bundesgrenzschutzes und der
Bundeswehr
- Zivildienstleistende
- Verordnungen zu Lasten einer Berufsgenossenschaft
Muß die Zuzahlung ins Quittungsheft
eingetragen werden?
Nein, für die Bestimmung, daß kein Versicherter mehr
als zwei Prozent (beziehungsweise ein Prozent bei
chronisch kranken Patienten) seines Bruttoeinkommens
zuzahlen muß, werden die Zuzahlungen für Hilfsmittel
nicht berücksichtigt. Die Quittierung dieser Zuzahlungen
nutzt dem Patienten also nicht, da sie für die
Ermittlung des gesamten Zuzahlungsbetrages und die
Feststellung, ob mehr als zwei oder ein Prozent zugezahlt
wurden, nicht herangezogen werden.
Wie wird die Zuzahlung des Patienten ermittelt?
Die betroffenen Patienten haben für Hilfsmittel
aus den oben aufgeführten Produktgruppen 20 Prozent des
von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrages
zuzuzahlen. Für die Ermittlung dieses Betrages sind
zunächst die in den verschiedenen Lieferverträgen
vereinbarten Preise maßgeblich. Dies sind der
Hilfsmittelliefervertrag zwischen VDAK und DAV und die
Lieferverträge mit den Primärkassen in den einzelnen
Bundesländern. Der Preis des verordneten Hilfsmittels
ist nach den Bestimmungen des jeweils geltenden Vertrages
entweder aus den Preislisten zu entnehmen, oder mit Hilfe
eines vereinbarten Aufschlags zu ermitteln. In der Regel
gilt, daß für Hilfsmittel kein Kassenrabatt gewährt
werden muß. Der DAV hat deshalb mit dem VDAK Nettopreise
vereinbart.
Was wird auf das Verordnungsformular aufgetragen?
Für die Abrechnung müssen den Nettopreisen
dann die Mehrwertsteuer und - aus abrechnungstechnischen
Gründen - der Kassenrabattfaktor hinzugerechnet werden.
Für diesen Fall gilt, daß nach wie vor in das Taxefeld
des Rezepts der Abrechnungspreis (Nettopreis plus
Mehrwertsteuer plus Kassenrabattfaktor 1,0527)
aufgetragen wird. Die Kasse beziehungsweise das
Rechenzentrum zieht vom Abrechnungspreis den Kassenrabatt
ab, übernimmt also für die betroffenen Hilfsmittel im
Ergebnis den Nettobetrag plus Mehrwertsteuer. Dieser
Betrag ist maßgeblich für die Ermittlung der Zuzahlung.
Die Apothekensoftwarehäuser sind über die neuen
Regelungen informiert worden, so daß die Ermittlung der
in das Taxefeld und in das Zuzahlungsfeld einzutragenden
Beträge durch ihre Software übernommen wird.
PZ-Artikel von Monika Epping, Eschborn
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