Politik
Mit zahlreichen Modellprojekten und Strukturverträgen erprobt die
GKV mit Leistungserbringern im Gesundheitswesen eine richtungsweisende
kostengünstige Gesundheitsversorgung. Leider sind Apotheker bisher in die
wenigsten Modelle integriert. Von den über 140 Praxisnetzen in der
Bundesrepublik beurteilt die KBV lediglich zwei als richtungsweisend: die
Medizinische Qualitätsgemeinschaft Rendsburg (MQR) und das Regionale
Praxisnetz Kiel (RPN). Daß Apotheker in den Modellversuchen durchaus
willkommen sind, berichteten Karl-Heinz Kraft und Dr. Peter Froese vom
LAV Schleswig-Holstein während des Wirtschaftsforums in Baden-Baden.
In der MQR kooperieren seit 1997 die KV Schleswig-Holstein, das
Hausärzteforum Rendsburg, der VdAK, die AOK, BKK und LKK. Auch das
Kreiskrankenhaus Rendsburg wurde inzwischen in das Modell miteinbezogen. Die
114 Ärzte betreuen circa 90.000 Patienten. Im Kieler Praxisnetz, einem Verbund
von KV und AOK, sind es 380 Ärzte und rund 100.000 Patienten. Mit beiden
Projekte soll die Versorgungsqualität verbessert, überflüssige Doppeluntersuchungen
reduziert und stationäre Leistungen in den ambulanten Bereich verlagert werden.
Froese definierte ganz klar die Ziele der holsteinischen Apotheker: Durch eine
Einbindung von Apothekern in Qualitätszirkeln könnten "dumme" Positivlisten und
pauschale Verträge vermieden werden. Jede Positivliste widerspreche dem Prinzip
der freien Marktwirtschaft. Sie sei schon am Tage ihrer Verabschiedung veraltet und
passe nicht in eine flexible Arzneimittelversorgung. In Qualitätszirkel dagegen
könnten Apotheker mit pharmakoökonomische Daten dem Wunsch der Ärzteschaft
nach mehr Transparenz entsprechen. "Schließlich wollen Ärzte wissen, was sie am
häufigsten verordnen und was am teuersten ist." Derzeit bespreche man in einem
Zirkel mit bis zu zehn Medizinern spezielle Indikationsgebiete. Die Ergebnisse
würden dann protokolliert und anderen Kollegen zur Verfügung gestellt. "Wir
müssen als Apotheker aufzeigen, welche Reserven noch drin sind." Arzneimittel
würden aber nur auf der Basis von pharmakoökonomischen Daten beurteilt. Nicht
das Billigste sei gefragt, sondern das Medikament mit dem besten
Preis-Leistungs-Verhältnis.
Froese hob hervor, daß die Ärzte nach Gesprächen in den Zirkeln in verstärktem
Maße dazu bereit seien, das Aut-idem-Fenster anzukreuzen. Teils könnten
Apotheken bereits selbständig Medikamente bestimmter Indikationsgruppen
auswählen. Das Klima zwischen Mediziner und Pharmazeuten wäre ausgezeichnet.
Im Gegensatz zu der Ärzteschaft, die von Einsparungen an ihren Verordnungen
finanziell profitiere, würden die Apotheker jedoch für ihren persönlichen Aufwand im
Rahmen der Modellprojekte nicht entschädigt. Zusätzlich müßten die Kollegen für
die Vorbereitung der Sitzungen viel Zeit investieren.
Der Versuch, Apothekern und deren Verbänden die Tür zu Modellversuchen und
Strukturverträgen zu öffnen, sei in Schleswig-Holstein gelungen. Man sei inzwischen
ein willkommener Partner und festige so die Position der Apothekerschaft im
Gesundheitswesen.
PZ-Artikel von Ulrich Brunner, Baden-Baden
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