Politik
Obwohl dem
Selbstmedikationsmarkt seit Jahren beste Wachstumschancen
gegeben werden, blieb der Zuwachs auch in diesem Jahr
hinter den Erwartungen zurück. Vor allem das vierte
Quartal 1996 sei unbefriedigend verlaufen, hieß es auf
der Mitgliederversammlung der Fachabteilung
Selbstmedikation des Bundesverbandes der Pharmazeutischen
Industrie am 12. März in Frankfurt.
Nach Angaben des Bundesverbandes der
Pharmazeutischen Industrie (BPI) kauften die deutschen
Verbraucher im vergangenen Jahr
Selbstmedikationspräparate für 8,6 Milliarden DM. Das
bedeutet ein Plus von 3,6 Prozent im Vergleich zum
Vorjahr. Bei der Bereitschaft, Medikamente ohne Rezept zu
kaufen, sei nach wie vor ein deutliches Ost-West-Gefälle
zu verzeichnen, sagte Dr. Dagmar Walluf-Blume, Referat
Selbstmedikation beim BPI. Die Westdeutschen gaben für
selbstbezahlte Arzneimittel immerhin 7,3 Milliarden DM
aus.
Hauptgrund für das geringe Marktwachstum ist nach
Erkenntnissen des Verbandes der starke Umsatzrückgang im
letzten Quartal 1996. Der Einbruch im GKV-Markt habe
keine Kompensation im SM-Markt bewirkt, sondern zu einer
geringeren Kundenzahl in den Apotheken geführt. Deshalb
seien auch weniger SM-Präparate von den Kunden gekauft
worden. Das Minus im vierten Quartal habe bei 4 Prozent
gelegen, führte Walluf-Blume aus.
Inklusive der verordneten Packungen wurden 1996 16,75
Milliarden DM mit rezeptfreien Arzneimitteln umgesetzt.
Das bedeutet ebenfalls ein Wachstum von 3 Prozent. Ein
Mengenwachstum hat es im vergangenen Jahr nicht gegeben.
Insgesamt wurden nach BPI-Angaben 1,052 Milliarden
Packungen rezeptfreie Arzneimittel verkauft, soviel wie
im Vorjahr.
Sie warnte davor, rezeptfreie Arzneimittel grundsätzlich
aus der Erstattungsfähigkeit herauszunehmen.
SM-Präparate seien mit einem durchschnittlichen
Packungspreis von 12,60 DM rund 50 Prozent preiswerter
als rezeptpflichtige Arzneimittel. Angesichts der
prekären finanziellen Situation bei den Krankenkassen,
sei ein völliger Ausschluß aus der
Erstattungsfähigkeit nicht tragbar.
Walluf-Blume ließ keinen Zweifel daran, daß der BPI
auch für Selbstmedikationspräparate am Vertriebsweg
Apotheke festhalten will. Gegen die Konkurrenz der
Drogeriemärkte müsse sich der Apotheker mit
qualifizierter Beratung und gutem Marketing behaupten,
sagte Walluf-Blume weiter. Beim Marketing wolle die
Pharmazeutische Industrie die Apotheker in Zukunft noch
stärker unterstützen.
Reform bringt Planungssicherheit
Zufrieden zeigte sich Peter Dewein, Mitglied der
BPI-Geschäftsführung, über den jüngsten
Richtungswechel bei der Gesundheitsreform. Statt einer
rücksichtslosen Sparpolitik werde jetzt versucht, den
Wachstumsmarkt Gesundheit zu sichern. Die neuen
Zuzahlungsregelungen brächten dringend benötigtes Geld
in das Gesundheitssystem. Die neuen Zuzahlungsregelungen
seien so gut wie beschlossen. An eine neuerliche Abkehr
von dieser Strategie glaubt Dewein nicht. Wichtig sei,
daß die Reform jetzt zu einem Ende komme. Dies bringe
die für alle Beteiligten notwendige Planungssicherheit.
Der BPI-Geschäftsführer rechnet nicht damit, daß der
Wegfall des Arzneimittelbudgets zu höheren
Arzneimittelausgaben führen wird. Die Richtgrößen
werden hier die Rolle des Arzneimittelbudgets
übernehmen. Der grundsätzliche Vorteil von
Richtgrößen sei jedoch, daß das Morbiditätsrisiko
wieder zu den Krankenkassen verlagert wird. Im Gegensatz
zum statischen Arzneimittelbudget werden bei der
Richtgrößenregelungen steigende Fallzahlen
berücksichtigt.
PZ-Artikel von Daniel Rücker, Frankfurt
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