SPD: EU-Regelungen sind unausweichlich |
04.01.1999 00:00 Uhr |
Politik
So sieht es auch der sozialdemokratischen Bundestagsabgeordnete Karl Hermann Haack: "Eine deutsche Sozialpolitik im Sinn ausschließlicher nationaler Regulierung gibt es nicht mehr", stellt der Apotheker in einer internen Analyse für seine Partei illusionslos fest.
Die Sozialpolitik habe sich stark europäisiert, konstatiert Haack. Der Europäische Gerichtshof habe bereits mehrfach in das Territorialprinzip nationaler Sozialversicherungssysteme eingegriffen. Es reiche deshalb aus Sicht der Bundesrepublik nicht mehr aus, sich abzeichnenden politischen Tendenzen innerhalb der Staatengemeinschaft lediglich das nationale Sozialversicherungsmodell als Maßstab entgegenzusetzen. Positive deutsche Erfahrungen und Traditionen dürften am Brüsseler Verhandlungstisch allenfalls den Ausgangspunkt künftiger Initiativen prägen, so Haack.
Der Parlamentarier geht davon aus, daß langfristig ein europäisches Netz sozialer Sicherung entsteht. Es werde zumindest teilweise bisher strikt Getrenntes miteinander verbinden, zum Beispiel private und öffentliche Träger in der Krankenversicherung. Die Grenzen zwischen Sozialversicherungssystemen und profitorientierten Marktsystemen würden fließender. Hier falle es der Politik zu, über das Ausmaß von Umverteilungsgrenzen und Bedarfsgerechtigkeit zu entscheiden.
Der Sozialschutz werde allerdings weiterhin nicht zu trennen sein von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Nationalstaaten. Sie bleibe ökonomischer Referenzstandard für Verhandlungen mit den Leistungsanbietern.
Bundesdeutschen Politikern und Repräsentanten der Sozialversicherung empfiehlt der SPD-Politiker eindringlich, sich auf diesen Prozeß vorzubereiten. Bisherige Positionen "hinter den Schutzzäunen von Subsidiarität und Territorialität" müßten aufgegeben werden. Statt dessen sollten hierzulande alle Verantwortlichen bereit sein, sich innerhalb eines europäischen Netzes sozialer Sicherung neu zu positionieren, fordert der Abgeordnete.
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