Politik
Immer stärker gerät ärztliche Berufspolitik zu einem Verteilungskampf
um Einkommen und Macht. Allgemeinmediziner und Fachärzte stehen sich
dabei unversöhnlich gegenüber. Jetzt haben die in der Gemeinschaft
Fachärztlicher Berufsverbände (GFB) zusammengeschlossenen 26
Organisationen jede Form von Primärarztsystem entschieden abgelehnt.
Entsprechende Ideen, so GFB-Chef Georg Holfelder, dürften sich nicht zum
Spaltpilz der deutschen Ärzteschaft entwickeln und seien deshalb bereits im
Keim zu ersticken.
Wer den Allgemeinmediziner als Gatekeeper für die medizinische Versorgung
propagiere, hebe die freie Arztwahl auf und gefährde zugleich eine medizinische
Versorgung auf hohem Niveau. Der Orthopäde warf dem Berufsverband der
Allgemeinärzte vor, durch ungeschicktes und unprofessionelles Taktieren seiner
Führung berufspolitisch Zwietracht zu säen. In Wahrheit seien alle Vorstöße
zugunsten eines Primärarztsystems lediglich interessenspolitisch motiviert. Einer
"Lotsenrolle" im Gesundheitssystem könnten praktische Ärzte und
Allgemeinmediziner selbst an den Anforderungen ihrer eigenen Berufsorganisation
gemessen, nicht immer genügen.
Wohl nicht zuletzt unter diesem Aspekt verlangte Holfelder zusätzliche Maßnahmen
zur Qualitätssicherung in der ambulanten ärztlichen Versorgung. Gefördert werden
müßten darüber hinaus fachübergreifende ärztliche Kooperationen. In
Strukturverträgen sei die Zusammenarbeit von Fach- und Hausärzten zu regeln. Für
die immer häufiger zu registrierende Primärbehandlung der Patienten durch
Spezialärzte darf nach Ansicht der GFB nicht die Krankenversichertenkarte
verantwortlich gemacht werden. Werde sie mit einem Foto des Versicherten
ausgestattet, sei Mißbrauch weitgehend ausgeschlossen.
Darüber hinaus bedeute der direkte Kontakt zum Facharzt aus Sicht der Patienten
"eine Abstimmung mit den Füßen". Sie führe weg von dem nicht immer in allen
Feldern fachärztlichen Handelns bewanderten Allgemeinmediziner. Die
Primärinanspruchnahme von Spezialisten dürfe den Kassenpatienten auch künftig
nicht verwehrt werden.
PZ-Artikel von Jürgen Becker, Bonn
© 1997 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de