Politik
Arzneimittelbudget soll nicht
angetastet werden
Bundesgesundheitsminister
Horst Seehofer pocht auf die Einhaltung der
Arzneimittelbudgets. Regreßforderungen der
Krankenkassen gegenüber den kassenärztlichen
Vereinigungen seien grundsätzlich auch dann
möglich, wenn keine Daten über das
Verordnungsverhalten des einzelnen Arztes
vorlägen. Allerdings rechnet der CSU-Politiker
wegen der lückenhaften Datenlage mit
juristischen Auseinandersetzungen vor den
Sozialgerichten.
Der Minister machte in Bonn auch
deutlich, daß er die von der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung angekündigte restriktive
Arzneimittelverordnungspraxis gutheiße. Er werde
den Vertragsärzten bei diesen Bemühungen nicht
in den Rücken fallen. Unterdessen hat die Bonner
Koalition das erste Gesetz zur Neuordnung der
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in den
Bundestag eingebracht. Die Gesetzesinitiative von
Union und FDP enthält Bestimmungen, die
Apotheker unmittelbar zu spüren bekommen:
Erhöht eine Krankenkasse ihren Beitragsatz, muß
sie automatisch auch die Zuzahlungen der
Patienten anheben. Je 0,1
Beitragsatz-Prozentpunkt steigt die
Selbstbeteiligung für Arzneimittel um eine Mark.
Je nach Krankenkassen-Zugehörigkeit müssen
Apotheker also künftig von ihren Kunden
unterschiedlich hohe Zuzahlungen für ein und
dasselbe Präparat verlangen.
Doch die Koalition wird Ausnahmen zulassen.
Krankenkassen, die ihre Beitragssätze
ausschließlich wegen erhöhter Zahlungen in den
solidarischen Finanzausgleich der GKV anheben,
brauchen nicht gleichzeitig die
Selbstbeteiligungen für ihre Versicherten zu
erhöhen. Die Ausnahmen müssen jedoch so eng
definiert werden, daß sie von den Krankenkassen
nicht mißbraucht werden können. Für welche
Lösung sich Union und FDP entscheiden, soll erst
im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens geklärt
werden.
Auch beim zweiten GKV-Neuordnungsgesetzt, das
Anfang November vorliegen wird, sind Details noch
offen. Es soll nicht nur Regelungen für die
Krankenhäuser und die zahnmedizinische
Versorgung enthalten, sondern auch die Rechte der
GKV-Versicherten erweitern. So können
Kassenpatienten nach den Vorstellungen der
Koalition künftig zwischen Kostenerstattung und
Sachleistung wählen und sich darüber hinaus
für Selbstbehalte entscheiden. Zusammen mit der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung will die
Koalition darüber hinaus Wege finden, das
Vertragsrecht flexibler zu gestalten und die
unkontrollierte Inanspruchnahme von Ärzten mit
Hilfe der Chipkarte ("Doctor-Hopping")
einzuschränken.
PZ-Artikel von Hans-Bernhard Henkel,
Bonn
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