Politik
Weltweit haben die Apotheker die gleichen Probleme: Die Apotheke wird
als Institution aus Kostengründen im Gesundheitswesen in Frage gestellt,
und alternative Distributionswege werden diskutiert. Der 58. Internationale
Kongreß der FIP (Fédération Internationale Pharmaceutique) in Den Haag
hat sich in der letzten Woche dieses Themas angenommen und neue
Strategien diskutiert. Fazit: Offensive ist angesagt und keine defensiven
Strategien.
Das Motto des Kongresses Brücken bauen zum Wohle des Patienten" sollte
auffordern, neue Konzepte zu entwickeln , mehr Kraft aufzuwenden, die noch
bestehenden Barrieren einzureißen, und für die Zukunft neue Perspektiven zu
entwickeln. Dr. Dieter Steinbach, scheidender FIP-Präsident, faßte in seiner
Eröffnungsrede die Situation der Pharmazie in dem Satz zusammen: Die
Pharmazeuten müssen, wie viele andere Heilberufe, vorbereitet sein, sich an die sich
schnell wandelnde Welt zu adaptieren. Der Berufsstand sollte sich bewußt werden,
daß es einem Traum gleichkommt, den Fokus im Gesundheitswesen ausschließlich
auf Qualität und Kostenreduktion zu setzen. Realität ist in den meisten Ländern, aus
Kostengründen andere Prioritäten setzen zu müssen. Der unbegrenzte Zugriff auf alle
Ressourcen ist nicht mehr möglich.
Die Lösung könnte , so Steinbach, in Managed-Care-Systemen liegen, wobei das
US-Model mit dem Western European Model konkurriert.
Die FIP hat, so Steinbach, weltweit die Strategie des Pharmaceutical Care
propagiert, weil damit eine verantwortliche Einbindung des Apothekers in die
Arzneimitteltherapie zum Wohle des Patienten und zur Steigerung dessen
Lebensqualität möglich wird. Die Apothekerschaft sei jetzt aufgefordert, die
Anerkennung von Pharmaceutical Care bei den Politikern, bei den anderen
Heilberufen und bei den Patienten zu erreichen. Erste Studien hätten bewiesen, daß
die Lebensqualität der Patienten, die in ein Pharmaceutical-Care-Programm
einbezogen wurden, deutlich steige. Es sei darüber hinaus notwendig, den
Kostenvorteil von Pharmaceutical Care für das Gesundheitswesen zu beweisen.
Die Zukunft sei aber nur in Partnerschaft mit der pharmazeutischen Industrie und den
Ärzten zu erreichen. Mit den beiden entsprechenden Organisationen habe die FIP
deshalb Statements erarbeitet. Mit der Industrie wurde ein Statement zur
Selbstmedikation erarbeitet, das die Unterstützung der Selbstmedikation durch den
Apotheker beschreibt. Auch mit den Ärzten sei ein Statement erarbeitet worden,
das die gemeinsamen Verantwortlichkeiten beider Berufe als Teamwork in der
Arzneimitteltherapie definiert. Dieses Statement wird von der Erkenntnis beider
Berufsorganisationen bestimmt, daß die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und
Apothekern der öffentlichen Gesundheit dient.
Steinbach erinnerte in seiner Rede an den FIP-Weltkongreß über "Pharmacy
Education" in New Orleans Mitte April 1998, der in Zusammenarbeit mit der
Weltgesundheitsorganisation veranstaltet wurde. Dort wurde der neue Pharmazeut
definiert, bei dem die traditionelle Rolle mit den neuen Rollen kombiniert wurde: Der
"Seven-Star-Pharmacist" sei in New Orleans geboren worden: Er schließt in sich ein
den Pfleger, den Entscheider (nach Kostengesichtspunkten), den Kommunikator,
den Leiter eines multidiszilinären Teams, den Manager, den lebenslang Lernenden
und den Lehrer.
Steinbachs Fazit des Kongresses in New Orleans: "Die Möglichkeiten des
Pharmazeuten sind unendlich. Sie sind nur begrenzt durch die Fähigkeit des
Pharmazeuten, sie zu sehen."
Die FIP wird den Wandel in der Pharmazie aktiv begleiten, so Steinbach, denn das
Ziel ist nicht, die Zukunft vorauszusehen, sondern sie möglich zu machen.
Peter Kielgast, neuer FIP-Präsident
Die Delegierten des FIP-Councils haben am 30.August 1998, dem Tag vor der
offiziellen Eröffnung des FIP-Kongresses, einen neuen Präsidenten gewählt. Mit
großer Mehrheit wurde Peter J. Kielgast zum Nachfolger Steinbachs für die
nächsten vier Jahre gewählt. Kielgast ist Offizinapotheker aus Dänemark und
gleichzeitig Jurist. Er war längere Zeit Chairman des Boards für Praktische
Pharmazie bei der FIP. Am 4. September, nach Ende des diesjährigen
FIP-Kongresses in Den Haag, trat Kielgast sein Amt an. Für seine Amtszeit
kündigte er vor der Presse an, daß die FIP-Mitglieder seine höchste Priorität haben
werden. Die FIP-Mitglieder sollten fühlen, daß sie einen Gegenwert für ihren Beitrag
bekommen. Auch die Individualmitglieder sollten ihren Nutzen aus der FIP
bemerken. Seine Absicht sei, den jährlichen FIP-Kongreß umzustrukturieren und für
das einzelne Mitglied attraktiver zu machen. Als sein langfristiges Ziel bezeichnete
Kielgast, daß die Gesellschaft den großen Vorteil des Pharmazeuten für das
Gesundheitswesen erkennt.
PZ-Artikel von Hartmut Morck, Den Haag
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