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Experten widersprechen Seehofers Ansicht zuEuGH-Urteil

13.07.1998  00:00 Uhr

- Politik

Govi-Verlag

Experten widersprechen Seehofers Ansicht zu EuGH-Urteil

Innerhalb der Bonner Regierungskoalition bestehen erhebliche Meinungsverschiedenheiten, welche Konsequenzen aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zum Bezug von Gesundheitsleistungen aus anderen Staaten der Gemeinschaft zu ziehen sind. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Dr. Dieter Thomae machte bei einem von ihm initiierten Expertengespräch in Bonn unmißverständlich deutlich, daß er der restriktiven Interpretation des Bundesgesundheitsministeriums keinen Bestand beimißt. Für die ABDA- Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände nahm Dr. Paul Hoffacker, Mitglied der Geschäftsführung, am Meinungsaustausch teil.

Der Vorsitzende des parlamentarischen Gesundheitsausschusses, Thomae, appellierte an Politiker, Leistungsanbieter und Krankenkassen, den deutschen Behandlungsmarkt zu liberalisieren. Das dürfe nicht mit einer Aufgabe der sozialen Schutzfunktion der gesetzlichen Krankenversicherung gleichgesetzt werden. Es gelte in den nächsten zwei Legislaturperioden des Bundestages, das deutsche Gesundheitswesen "europafähig" zu machen. Horst Seehofer werde seine restriktive Auslegung des Luxemburger Richterspruches nicht durchhalten können. Es sei ausgesprochen peinlich, wenn die Politik höchstrichterlichen Urteilen immer wieder hinterher hechten müsse.

Thomae zeigte sich davon überzeugt, daß die Luxemburger Entscheidung auch Konsequenzen für die deutsche gesetzliche Krankenversicherung und die medizinische Versorgung nach sich ziehen werde. Maximal acht Jahre gibt der Liberale dem Gesetzgeber Zeit, sich auf die in diesem Zusammenhang notwendigen Systemkorrekturen einzustellen. Kurzfristig bedeute die Kostenerstattung bei Zahnersatz und Brillen für die Bundesrepublik keine Katastrophe. Von der neuen Freizügigkeit werde zunächst wohl nur die Bevölkerung in den Grenzregionen Gebrauch machen.

Wesentlich härter gingen die Professoren Dr. Günter Neubauer, Mitglied des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, und Jürgen Wasem mit der Reaktion des Bundesgesundheitsministers in Gericht. Sie ließen übereinstimmend kein gutes Haar an der bisherigen Reaktion des CSU-Politikers. Der Richterspruch werde in beachtlichem Ausmaß auf deutsche Verhältnisse ausstrahlen. Mit seiner bloßen Abwehrreaktion mache es sich Seehofer zu leicht. Deutliche Worte auch von Günter Neubauer: "Wer den Euro als gemeinsame Währung der Staatengemeinschaft anstrebt, kann der Integration der Gesundheitsmärkte zwangsläufig nicht ausweichen."

Nach dem Verlauf dieses FDP-Symposiums erscheint der Rundbrief des Bundesversicherungsamtes an die seiner Aufsicht unterstehenden bundesweit agierenden Ersatzkassen völlig unverständlich. Er gibt ausschließlich die restriktive Position von Seehofer wieder. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zum Bezug von Gesundheitsleistungen aus anderen Staaten der Europäischen Union gebe den Krankenkassen keinen Anlaß, von der bisherigen Praxis zur Kostenübernahme bei medizinischen Leistungen im Ausland abzuweichen. Die Behörde werde deshalb bei den ihrer Aufsicht unterstehenden Kassen eine über das bisherige Maß hinausgehende Übernahme von Kosten oder deren Erstattung beanstanden. Die Ersatzkassen wollen dem Vernehmen nach der Interpretation des Amtes folgen.

PZ-Artikel von Jürgen Becker, Bonn Top

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