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Strukturverträge stellen das System auf den Kopf

30.06.1997  00:00 Uhr

- Politik

  Govi-Verlag

Strukturverträge stellen das System auf den Kopf

  Erhebliche Bedenken gegen die Strukturverträge, die durch das 2. GKV-Neuordnungsgesetz möglich werden, hat der Vorsitzende des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI), Professor Dr. Hans Rüdiger Vogel, jetzt auf der Hauptversammlung seines Verbandes in Bonn geäußert. Durch Strukturverträge könnten Ärzte und Krankenkassen beliebig Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung ausgrenzen und das ganze System auf den Kopf stellen. Den neuen § 73a des 5. Sozialgesetzbuches habe die Koalition zu guter letzt noch als Kuckucksei ins Nest gelegt.

Der BPI habe sich stets gegen die Verknüpfung von ärztlichem Honorar und veranlaßten Leistungen gewandt, wie sie jetzt in Form von Managed Care, vernetzten Praxen und Health Maintenance Organizations machbar sind. Diese neuen Versorgungsformen könnten unbefristet und bedauerlicherweise ohne wissenschaftliche Überprüfung der therapeutischen Folgen in das herrschende System eingeführt werden. Vogel sieht in den Strukturverträgen einen Beweis dafür, daß aus der angekündigten gleichberechtigten Mitwirkung aller Beteiligten im Gesundheitswesen wenig geworden sei. "Pharmaindustrie, Apotheker und Physiotherapeuten, um nur einige zu nennen, haben noch immer hinzunehmen, was Kassen und Ärzteschaft zu Lasten dritter vereinbaren", so Vogel. Der BPI forderte daher, wenigstens beim Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen, der künftig mehr denn je über die Arzneimittelversorgung entscheidet, einen medizinisch-pharmazeutischen Beirat einzurichten. Der Bundesausschuß könne damit ein Zeichen für partnerschaftliche Entscheidungen im Gesundheitswesen setzen.

Die in der dritten Stufe der Gesundheitsreform vorgesehene Ablösung des Arzneimittelbudgets durch arztspezifische Richtgrößen begrüßte der BPI-Vorsitzende. Dadurch würden künftig Arzneimittelrationierungen vermieden. Außerdem werde sichergestellt, daß das Arzneimittelangebot nicht ausgedünnt werde und der Arzt dem Patienten weiterhin alle Medikamente verordnen kann.

"Reiche arme Gesellschaft"

Nachdenklich stimmte Professor Dr. Norbert Walter, Chefökonom einer großen Bank, mit seinem Vortrag "reiche arme Gesellschaft". Der Reichtum dieser Gesellschaft bestehe in ihrer Vergangenheit. Arm sei sie dagegen an Zukunft, Optimismus und Zuversicht. Arm sei die deutsche Gesellschaft aber auch, weil sie sich eine düstere Zukunft einrede und weil sie aus den guten Substanzwerten nichts machr. Für Walter ist die deutsche Gesellschaft das Spiegelbild der Titanic: "Schweißen wir die Rettungsboote fest, damit sie uns nicht beim Tanzen stören".

Insofern sei der Weg zurück der Weg aus der Krise. Wir brauchen Besinnung auf die Jahrhunderte geltenden, offenkundig erfolgreichen Werte: Familie, privates Eigentum und Aufrichtigkeit oder Selbstverantwortung im Sinne des englischen Begriffs honesty. Deutschland brauche eine offene Gesellschaft und Wettbewerb. Der Wahn der Arbeitszeitverkürzung ist Walter unverständlich. Deutschland könne international keine Rolle spielen, wenn hierzulande - von zu wenigen Ausnahmen abgesehen - ein Entwicklungsingenieur 45 Stunden pro Woche, in den USA 65 Stunden und in Japan 70 Stunden arbeite.

Auch in der Sozialpolitik muß die Gesellschaft von der Vollkaskomentalität zur Selbstverantwortung finden. Die Rentner müßten ihre Ansprüche korrigieren. Die aktive Generation, die heute die Renten finanziert, trage eine Doppelbelastung, weil sie neben den Renten ihre eigene Altersversorgung erarbeiten muß. In der Krankenversicherung geht für Walter kein Weg an einer obligatorischen, staatlich verordneten Selbstbeteiligung vorbei.

PZ-Artikel von Gisela Stieve, Bonn
   

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