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Der Markt soll es richten

28.04.1997  00:00 Uhr

- Politik

  Govi-Verlag

Der Markt soll es richten

DAV-Wirtschaftsforum

  Bei ihren Versuchen, den Versandhandel mit Arzneimitteln europaweit zu unterbinden, dürfen die Apotheker nicht mit allzu großer Unterstützung der Europäischen Union rechnen. Auf dem DAV-Wirtschaftsforum in Baden-Baden machte EU-Kommissar Martin Bangemann deutlich, daß die Union nicht beabsichtigt, eine einheitliche Regelung in allen Staaten der Gemeinschaft herbeizuführen. Er selbst vertraut bei den meisten Fragen auf die heilende Kraft des Wettbewerbs.

Die Fernabsatzrichtlinie der Europäischen Union läßt den Mitgliedstaaten ausdrücklich nationalen Spielraum bei der Regelung des Versandhandels mit Arzneimitteln. Bangemann erwartet, daß einige EU-Länder sich nicht der Position der Bundesregierung anschließen werden, die diesen Distributionsweg grundsätzlich ablehnt. Er gibt der Resolution des Zusammenschlusses der Apotheker in der Europäischen Union deshalb wenig Chancen, diese fordern ein einheitliches Verbot in der gesamten EU. Die Fernabsatzrichtlinie sei erst vor kurzem nach jahrelanger intensiver Diskussion beschlossen worden, eine baldige Änderung sei deshalb unwahrscheinlich.

Bangemann forderte die Apothekerschaft auf, Strategien zu entwickeln, wie sie auf Versandhandel reagieren will. Denn im Zeitalter der elektronischen Medien sei sicher, daß Versandhandelsfirmen in anderen Staaten ihre Dienste via Internet anbieten werden und Arzneimittel auch nach Deutschland liefern werden. Bangemann: "Wer Versandhandel nicht zuläßt, schießt sich ins eigene Knie, weil sein Markt dann von außen bedient wird."

Ein schlechter Weg sei es, sich darauf zu beschränken, den deutschen Arzneimittelmarkt ausschließlich mit juristischen Mitteln zu verteidigen. Zum einen sei das Internet schwer kontrollierbar, zum anderen seien aufgrund seiner globalen Struktur nationale Gesetze wirkungslos, selbst EU-weite Regelungen würden nicht greifen. Ein Unternehmen, das seinen Sitz in einem Staat habe, der Versandhandel zuläßt, sei juristisch nicht angreifbar, so Bangemann weiter.

Statt nur ihre Position zu verteidigen, sollten die Apotheker aktiv werden und selbst Versandhandelskonzepte entwickeln. "Wer sich nur verteidigt, kann bestenfalls überleben. Gewinnen kann nur, wer offensiv wird." Daß dies mit der deutschen Gesetzeslage nicht zu vereinbaren ist, scheint für Bangemann von untergeordneter Bedeutung zu sein. Die Macht des Wettbewerbs sei stärker als Gesetze. "Die Apotheker halten sich an Gesetze, andere Anbieter tun dies nicht und machen das Geschäft. Die Apotheker sind dann die Dummen."

Für Bangemann sind Wettbewerb und freies Spiel des Marktes die Antriebskräfte für Wirtschaftswachstum und Wohlstand. Deshalb sollte auch der Arzneimittelmarkt nicht den Möglichkeiten und Risiken des Wettbewerbes entzogen werden. Wettbewerb sei zwar kein Ziel für sich, aber "er bringt uns in vielen Bereichen weiter." Auch die Apotheker sollten mehr Marktwirtschaft nicht als Bedrohung ansehen, sondern als Herausforderung und Chance begreifen. An seine Grenzen stoße der Wettbewerb erst dann, wenn die nationalen Sozialversicherungssysteme gefährdet werden.

Binnenmarkt für Arzneimittel schaffen

Eine wesentliche Aufgabe der Europäischen Union sei die baldige Schaffung eines einheitlichen Binnenmarktes für Arzneimittel, sagte der EU-Kommissar weiter. Bei der Zulassung von Arzneimitteln sei dies schon weitgehend gelungen. Die zentrale Zulassung durch die europäische Zulassungsagentur in London und die gegenseitige Anerkennung nationaler Zulassungsverfahren funktionieren nach Bangemanns Einschätzung gut.

Entscheidend für das Schicksal der europäischen Pharmaindustrie sei es, ob es den Europäern gelingt, den Anschluß an das internationale Niveau der Bio- und Gentechnik zu finden. In dem zukunftsträchtigen Bereich hätten viele Staaten, darunter auch Deutschland, den abfahrenden Zug schon fast verschlafen. Die Ursache dafür sieht Bangemann nicht zuletzt in der seiner Meinung nach unsachlich geführten Diskussion über die Gefahren der Gentechnik. Gegner der Gentechnik würden "die Unkenntnis der Menschen ausnutzen, um Horrorszenarien an die Wand zu malen".

Es sei deshalb wichtig, daß alle Fachleute sich an einer sachlichen Aufklärungsarbeit über die neuen Technologien beteiligten, denn Europa könne es sich nicht leisten, in diesem zukunftsträchtigen Bereich aus dem Rennen auszuscheiden.

PZ-Artikel von Daniel Rücker, Baden-Baden    

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