Politik
Wozu braucht man Apotheker?
Einen Blick in die Zukunft des Berufsbildes des Apothekers warf Professor
Dr. Hartmut Derendorf, University of Florida, in seinem Festvortrag und
schickte voraus: Nur ein Beruf, der von der Gesellschaft benötigt wird, kann
überleben.
Daß die Gesellschaft Apotheker braucht, steht für Derendorf außer Frage:
Arzneimittel sind heute unverzichtbar in Diagnose, Therapie, Rehabilitation und
Prävention. Der Patient darf aber mit dem Arzneimittel nicht allein gelassen werden,
sondern muß begleitet werden, um einen maximalen Therapieerfolg sowie möglichst
geringe Nebenwirkungen sicherzustellen. Diese pharmazeutische Betreuung sei daher
eine Aufgabe, die für die Gesellschaft von großem Wert ist, und es ist der
Apotheker, der mit seiner pharmazeutischen Kompetenz zu dieser Betreuung
aufgerufen ist. Das habe die ABDA rechtzeitig erkannt und in ihrem
ABDA-Konzept niedergeschrieben.
Teamwork nach innen und außen
Derendorf rief die Apotheker dazu auf, sich nicht als Einzelkämpfer zu begreifen. Die
verschiedenen Gruppen im Gesundheitssystem müßten miteinander kommunizieren
und sich gegenseitig kollegial unterstützen. So sollte zum Beispiel ein intensiver
Kontakt zwischen dem Berufsstand und den Hochschulen gepflegt werden, um
einerseits der Hochschule Anregungen für die Ausbildung zu geben und andererseits
den Berufsstand über neue Forschungen und Entwicklungen auf dem laufenden zu
halten. Auch sollten sich Offizin- und Krankenhausapotheker gegenseitig bereichern.
Entscheidender als Teamwork im Innern wird nach Derendorfs Auffassung für den
pharmazeutisch betreuenden Apotheker die Zusammenarbeit mit den anderen
Heilberufen sein. Dabei muß klar gemacht werden, daß Pharmaceutical Care keine
Konkurrenz zur ärztlichen Versorgung, sondern eine Ergänzung ist.
Arzneimitteltherapie sei heute ein so komplexes Feld, daß viele Mediziner froh sind,
einen kompetenten Fachmann zu Rate ziehen zu können. In den USA haben
Apotheker und Ärzte gute Erfahrungen gemacht, indem in einem Krankenhaus mit
700 Betten 40 klinische Pharmazeuten arbeiten. Hier konnte die Gesamttherapie
verbessert, die Liegedauer und Intensivstationsaufenthalte verkürzt und somit die
Therapiekosten gesenkt werden.
Moderne Technologie nutzen
Der korrekte Umgang mit moderner Informationstechnologie ist absolute
Voraussetzung für erfolgreiche Patientenbetreuung, sagte Derendorf. Es sei wichtig,
daß der Apotheker diese Technologien so effektiv beherrscht wie früher Mörser und
Pistill. Er könne die arzneimittelbetreffende Informationsflut zum Beispiel über das
Internet bewerten und fachfremde Nutzer vor Schaden bewahren. Es sei abzusehen,
daß ein Internetanschluß in Kürze so normal sein wird wie ein Telefon oder ein
Fernseher. Deshalb müßten sich die Apotheker rechtzeitig darauf einstellen, daß die
Informationstechnologie einen immensen Einfluß auf die pharmazeutische Praxis der
Zukunft haben wird.
Demographische Entwicklung und Gentechnologie werden, so Derendorf, ebenso
weitreichende Auswirkungen auf die Pharmazie und den Apothekerberuf haben. Die
Geschwindigkeit dieser Veränderungen werde weiter zunehmen, so daß sich auch
Konsequenzen für die universitäre Ausbildung ergeben.
Der Apotheker sorgt in Zusammenarbeit mit dem Arzt für die optimale
Arzneimitteltherapie, übernimmt die pharmazeutische Betreuung des Patienten und
senkt damit auch die Kosten. "Das genau ist der Nutzen des Apothekers für die
Gesellschaft und die Grundlage des Berufs, der den Apotheker erfüllt", so
Derendorf.
PZ-Artikel von Gisela Stieve, Petersberg bei Bonn
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