Politik
In einer außerordentlichen Sitzung hat sich der Gesamtvorstand der
ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände am 13.
November auf einen umfassenden Maßnahmenkatalog verständigt. Damit
reagiert der Berufsstand in aller Deutlichkeit auf das
GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz, das wenige Tage zuvor bekannt
geworden ist und bei zahlreichen Kollegen Zorn, Ohnmacht und
Sprachlosigkeit ausgelöst hat.
Das Gesetz wird nach Berechnungen der ABDA weitreichende Auswirkungen auf
den Arbeitsmarkt und die Qualität der Arzneimittelversorgung haben, so daß ein
Credo in Bundeskanzler Gerhard Schröders Regierungserklärung Makulatur wird.
Zu dem Maßnahmenkatalog gehören neben Presseverlautbarungen der ABDA und
der Bewertung des Vorschaltgesetzes in bislang zwei Editorials der
Pharmazeutischen Zeitung auch Schreiben an Bundesgesundheitsministerin Andrea
Fischer, Bundeskanzler Gerhard Schröder sowie die Fraktionsvorsitzenden der im
Bundestag vertretenen Parteien.
Darüber hinaus hat sich die ABDA in Person des Präsidenten Hans-Günter Friese,
des Vorsitzenden des Deutschen Apothekerverbands, Hermann Stefan Keller, und
des Präsidenten der Bundesapothekerkammer, Dr. Hartmut Schmall, an alle 669
Mitglieder des Deutschen Bundestages sowie an die Sozial- und Gesundheitsminister
der Länder gewandt.
Die ABDA erläutert in ihrem Brief unter anderem, daß der Arzneimittelmarkt einmal
mehr überproportional stark zur Gegenfinanzierung des GKV-SolG herangezogen
wird. Sie erinnert auch daran, daß die Zahl der verordneten Arzneimittelpackungen
trotz gestiegener Bevölkerungszahl 15 Prozent niedriger ist als 1992. Nach einer
sechsjährigen Budgetierungsphase könnten Wirtschaftlichkeitsreserven in
nennenswertem Umfang nicht mehr vorhanden sein.
Zugleich seien Faktoren, die einen unabweisbaren medizinischen Mehrbedarf
begründen, weder in den letzten Jahren, noch bei der jetzt geplanten
Budgetfestlegung angemessen berücksichtigt worden. Dies seien insbesondere die
Veränderung der Zahl der Versicherten, die veränderte Altersstruktur, die vermehrte
Versorgung schwerstkranker Patienten mit Spezialpräparaten und Rezepturen im
ambulanten Bereich, die wachsende Bedeutung von innovativen Arzneimitteln und
die erhöhte Zahl der von der Zuzahlung befreiten Personen.
Für die Patienten wird dem Schreiben zufolge eine Budgetierung der
Arzneiverordnungen auf das im GKV-SolG vorgesehene Niveau zwangsläufig eine
scharfe Rationierung der Arzneimittelversorgung bedeuten. Dies würde mit nicht
kommunizierbaren Therapieumstellungen und der Folge einer deutlichen
Verschlechterung der Compliance einhergehen.
Etliche Apotheken seien gezwungen, bei einem angenommenen 30prozentigen
Rückgang ihres betrieblichen Einkommens Arbeitsplätze abzubauen. Der gleiche
negative Beschäftigungseffekt würde in der pharmazeutischen Industrie und beim
Großhandel entstehen.
Diese Zeitung enthält wie im Maßnahmenkatalog beschrieben ein kopierfähiges
Flugblatt, das die Apothekerinnen und Apotheker zur Information ihrer Patienten
und Kunden auslegen sollten. Unter der Überschrift "Bittere Pillen von Rot-Grün"
nennt es die für die Patienten spürbaren Auswirkungen des GKV-SolG: viele
Patienten werden nicht mehr ihre gewohnten Arzneimittel verordnet bekommen, der
Einsatz von innovativen Arzneimitteln wird den Ärzten erschwert, und die
Arbeitsplätze in der Apotheke und im gesamten Gesundheitswesen sind hochgradig
gefährdet.
PZ-Artikel von Gisela Stieve, Eschborn
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