Politik
Seehofer ergreift Partei
für Apothekerpläne
Ein "hohes Maß an
Sympathie" zeigte Bundesgesundheitsminister Horst
Seehofer für die Vorschläge der Apothekerschaft zur
Modifikation der Arzneimittelpreisverordnung. Das
erklärte er vor der 42. Jahreshauptversammlung des
Bundesfachverbandes der Arzneimittelhersteller (BAH) am
26. September in Bonn. Am Tag zuvor waren
Spitzenvertreter der ABDA - Bundesvereinigung Deutscher
Apothekerverbände zu einem Gespräch beim Minister, um
das Modell der Drehung und der
festbetragsgruppenspezifischen Festzuschläge, kurz FF
genannt, zu erläutern. Seehofer kündigte an, die
Beteiligten zu Konsensgesprächen einzuladen. Er hoffe
auf konstruktive Dialoge.
Seehofer verwies vor dem BAH erneut auf das
Rekorddefizit der gesetzlichen Krankenversicherung im
ersten Halbjahr 1996. Die GKV habe nicht zu wenig
Einnahmen, sondern gebe zu viel Geld aus. Die
Verwaltungskosten der Krankenkassen seien in besagtem
Zeitraum um fast sechs Prozent gestiegen, das
Gesundheitsmarketing - "manche bezeichnen das als
Gesundheitsförderung" - habe um 17 Prozent
zugelegt. Die "beliebteste Ausrede der letzten 20
Jahre" zieht nach den Worten des Ministers nicht
mehr: Der stationäre Bereich habe im ersten Halbjahr
seine Kosten gesenkt. Geradezu unerträglich ist für
Seehofer die Zunahme der Fahrtkosten per Taxi um 36
Prozent im Westen und um 60 Prozent bei einer bestimmten
Krankenkasse in den neuen Bundesländern.
Als Lösung des Problems bietet der Minister eine
"einfache Rechnung" an: alle freiwilligen
Leistungen einstellen und den Verwaltungskostenzuwachs
auf Null fahren - wie das bei allen öffentlichen
Haushalten derzeit selbstverständlich sei. Laut Seehofer
besteht überhaupt kein Anlaß für die GKV, rote Zahlen
zu schreiben. Er stellt richtig: Die dritte Stufe der
Gesundheitsreform hatte nie die Absicht, ein bestimmtes
Sparvolumen zu erschließen, sondern wollte durch
strukturelle Maßnahmen dafür sorgen, daß sich das
System selbst regeln kann. Das sei auch gelungen: Die AOK
Rheinland habe bereits angekündigt, den Beitragssatz
noch vor dem 1. Januar 1997 um 0,4 Prozentpunkte zu
senken.
"Die Reform steht - die Alternative wäre das Ende
der Leistungsfähigkeit der Gesetzlichen
Krankenversicherung", daran ließ Seehofer in Bonn
keinen Zweifel. "Wir bleiben bei unserer
Grundphilosophie und brauchen daher keine neuen Ziele und
Optionen." Nur mit einer massiven Stärkung der
Selbstverwaltung bei gleichzeitiger Stärkung der
Eigenverantwortung könne das System überleben. Es
bleibe bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Ärzte, und
es bleibe beim Arzneimittelbudget. Schlaraffia ist
hierzulande noch nicht eingeläutet, so Seehofer.
Entschieden gegen eine Änderung der
Arzneimittelpreisverordnung haben sich der
BAH-Vorsitzende Johannes Burges sowie Dr. Karl-Gerhard
Seifert, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes
Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), ausgesprochen.
PZ-Artikel von Gisela Stieve, Bonn
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