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Schmidt-Berater für Fremdbesitz

22.09.2003  00:00 Uhr

Schmidt-Berater für Fremdbesitz

von Patrick Hollstein, Berlin

Apotheker Professor Dr. Gerd Glaeske hält OTC-Arzneimittel für weitgehend überflüssig, dasselbe gilt für das Fremdbesitzverbot. Die Eröffnungsveranstaltung zu „Gesundheit geht vor“ nutzte der Arzneimittelfachmann zu heftigen Attacken auf die Pharmabranche.

Glaeske warb für eine institutionelle Nutzenbewertung von Arzneimitteln. Patentschutz sei kein Synonym für therapeutischen Fortschritt, sondern werde weitgehend als Schutz vor einer Festbetragsregelung missbraucht. Der Schutz geistigen Eigentums sei keineswegs ein Wert an sich, den die GKV durch hohe Preise zu honorieren hätte. „Schließlich hat der Patentschutz für eine Tasse mit einem innen angebrachten Henkel auch nichts mit Fortschritt zu tun“, so Glaeske. Entsprechend müsse das geplante Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen mittels Nutzenbewertung gegen „imitative Innovationen“ vorgehen und für mehr Übersichtlichkeit im Arzneimittelmarkt sorgen.

Im Mittelpunkt stehe dabei nicht die im Rahmen der Zulassung geprüfte absolute Wirksamkeit eines einzelnen Arzneimittels, sondern die relative Zuordnung zum gesamten Angebot, auch zu nicht medikamentösen Therapien. Entsprechend ausgemusterte Neuzulassungen könnten dann Festbetragsgruppen zugeordnet werden, auch wenn dies „wütende, unanständige und dreiste Reaktionen pharmazeutischer Hersteller“ hervorrufe.

Ebenjenen schiebt er auch die Verantwortung für den geplanten 16-prozentigen Herstellerabschlag zu, den er als „Rückzahlungsverpflichtung an die GKV wegen der exorbitanten Gewinne mit vor allem unnötigen Neuerungen“ betrachtet. Dass unter dieser Regelung bis zur differenzierenden Nutzenbewertung auch andere Firmen wie Generika-Hersteller leiden werden, müsse man in Kauf nehmen.

Glaeske: OTC weitgehend verzichtbar

Ferner rechnete Glaeske mit der Mehrzahl der verschreibungsfreien Arzneimittel ab: „Meine Hoffnung ist allerdings, dass die Öffentlichkeit die Ausgliederung aus der GKV als das wahrnehmen wird, was es ist: Als Hinweis darauf, dass es mit diesen Mitteln nicht weit her ist und sie auch grundsätzlich verzichtbar sind.“

Schon oft habe er darauf hingewiesen, dass Monopole, die gesellschaftlich nicht notwendig und vermittelbar sind, keine Zukunft hätten. „Die Arzneimitteldistribution in den Apotheken sei eines dieser letzten „Ökoreservate“ für die „Spezies Monopole“ gewesen, fuhr Glaeske fort. Konsequent sei es gewesen, die Preisspannenverordnung abzuschaffen und die Arzneimittelpreise zumindest im Rahmen der Selbstmedikation freizugeben.

Auch die Aufhebung des Mehrbesitzverbotes („Ich persönlich hätte auch keine Gefahr in der Aufhebung des Fremdbesitzverbotes gesehen.“) sowie die Zulassung des Versandhandels als eine Differenzierung und Ergänzung des Distributionsweges - vor allem für immobile Patienten – begrüßte Glaeske. In der Abkopplung der Apotheken vom Arzneimittelpreis sieht der studierte Pharmazeut eine Chance, „die Beratung endlich flächendeckend auf den Qualitätsstandard zu bringen, den Patientinnen und Patienten erwarten dürfen und für eine sichere und zuverlässige Anwendung von Arzneimitteln auch benötigen.“ Abschließend warnte Glaeske, es sei der wichtigste Ansporn vieler Akteure, bei Inkrafttreten neuer Gesetze Umgehungsstrategien zu finden. Man werde daher wachsam bleiben müssen, damit die geöffnete Tür durch den zu erwartenden Gegenwind nicht wieder ins Schloss fiele.

Mehrere Veranstaltungen

Besonders bedenklich an Glaeskes Aussagen ist, dass er sie wohl wiederholen wird. Mit der Veranstaltungsreihe „Gesundheit geht vor“ begibt sich das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung demnächst auf Deutschland-Tournee. Ulla Schmidt und weitere Referenten aus verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens erläutern einem Fachpublikum die aus ihrer Sicht zentralen Bausteine der Reform.

„Von diesen Veranstaltungen sollen Impulse ausgehen in die Praxis vor Ort“, eröffnete Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt die Auftaktsitzung am 17. September in Berlin. Man habe mit der Gesundheitsreform den Rahmen für eine umfassende strukturelle Erneuerung im Gesundheitswesen vorgegeben. Handeln müssten aber die Akteure, die sich schon jetzt auf die Neuerungen einstellen sollten, teilte sie mit. Entsprechend gewappnet traten die Fachreferenten aus ausgewählten Kreisen des Gesundheitswesens vor das Publikum.

Der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Hans Jürgen Ahrens, verwies auf die Wichtigkeit eines Qualitätswettbewerbs unter den Anbietern. Die gesetzlichen Krankenkassen seien jedoch bereit, die im Gesetz enthaltenen Ansätze für mehr Wettbewerb zwischen den Kassen und den Leistungserbringern zum Wohle der Patienten und Versicherten zu nutzen. Top

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