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Ohne Zuzahlung wäre das System wohl kollabiert

01.09.1997  00:00 Uhr

- Politik

Govi-Verlag

Ohne Zuzahlung wäre das System wohl kollabiert

Zufrieden zeigte sich Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer mit dem sich abzeichnenden Trend der Ausgabenentwicklung im Gesundheitswesen. Er warnte jedoch vor zuviel Gelassenheit. Neue Wirtschaftlichkeitsreserven müßten erschlossen werden, um das Solidarsystem finanzierbar zu halten.

Ohne die mit der dritten Stufe der Gesundheitsreform zum 1. Juli 1997 eingeführte erhöhte Selbstbeteiligung der Patienten wäre das System in diesem Herbst vermutlich kollabiert, erklärte der Minister auf einer Atrium-Veranstaltung am 1.September in Bonn.

Nach Seehofers Überzeugung werden drei Themen bis über die Jahrtausendwende hinaus Bestand haben; Prävention und Früherkennung von Krankheiten, die Versorgungsqualität und die Finanzen. Vor allem von den Ärzten erwartet der Minister eine Informationsoffensive, um die Beteiligung an den Vorsorgeuntersuchungen zu erhöhen. Ihm sei unverständlich, warum Gesundheitschecksund Krebsfrüherkennung so schwach genutzt werden.

Ja zur Forschung


Zur Erhaltung des erstklassigen Versorgungsniveaus im deutschen Gesundheitswesen müsse die medizinische Forschung weiter gefördert werden. Sie sei auch ein sozialer Faktor, weil sie Arbeitsplätze schaffe. Zur Sicherung einer hochwertigen Ausbildung der Mediziner müsse die Ausbildung den Erfordernissen angepaßt werden. Seehofer zeigte sich zuversichtlich, daß eine Änderung der Approbationsordnung jetzt nach der Sommerpause in das parlamentarische Verfahren eingebracht werden kann. Die Ausbildung müsse dem Fortschritt Rechnung tragen: "Man bleibt nur gut, wenn man ständig versucht besser zu werden", so der Minister.

Schließlich müßten die Finanzen weiter gezügelt werden. Erste Trends der Ausgabenentwicklung zeigten, daß die Arzneimittelausgaben im ersten Halbjahr 1997 niedriger seien als bei Seehofers Amtsantritt 1992. Der Arzneimittelmarkt könne aber nicht weiter als Schatzkammer des Gesundheitswesens angesehen werden.

Durch Sparen allein könnten allerdings Einnahmeausfälle der gesetzlichen Krankenversicherung nicht ausgeglichen werden. Seehofer erklärte, daß es keine Krise des deutschen Gesundheitswesens, sondern eine Krise auf dem Arbeitsmarkt gebe. Deshalb bleibe es eine Daueraufgabe, mit den Beitragsmitteln sparsam und verantwortungsvoll umzugehen. Medizinisch Notwendiges müsse weiter effizient eingesetzt werden. Die Erschließung neuer Wirtschaftlichkeitsreserven sei eine klassische Aufgabe der Selbstverwaltung, die hier ihre Kreativität einbringen müsse.

Als einen historischen Fehler der Krankenkassen bezeichnete Seehofer die Tatsache, daß die diskutierten Gestaltungsleistungen zerschlagen worden seien. Nachdem die Kassen sich außer Stande sahen, eigenverantwortlich Gestaltungsleistungen im Leistungskatalog zu definieren, könne der Gesetzgeber ihnen nun auch nicht die Verantwortung überlassen, die Teilnehmer für ein Einkaufsmodell auszuwählen. Im übrigen hat der Minister verfassungsrechtliche Bedenken, den Versorgungsauftrag der Ärzte auf die Kassen als Körperschaft des öffentlichen Rechts zu übertragen.

Die Anbindung der Sozialversicherung an die Arbeitskosten ist für Seehofer kein Modell für das nächste Jahrhundert. Auch die Flucht vieler junger Menschen aus der Sozialversicherung müsse geprüft werden. Der Minister hat nur angerissen: eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze sei kontraproduktiv, andere Einkommensarten als Beitragsbemessung seien ebenfalls nicht zielführend. Wenn beispielsweise Mieteinnahmen, für die Sozialversicherungsbeiträge herangezogen würden, hätte dies lediglich eine Erhöhung der Mieten zur Folge. Zinserträge beitragspflichtig machen zu wollen, führe letztlich zu einem Verfall der Zinsen.

Keine Reform, aber punktuelle Änderungen sind denkbar


Mit Seehofer wird es keine neue Reform im Gesundheitswesen bis zur Jahrhundertwende geben. Punktuelle Änderungen in einzelnen Paragraphen der dritten Gesundheitsreform seien aber denkbar. Dabei bat der Minister darum, mit der Sondersituation der neuen Bundesländer, insbesondere aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit, behutsam umzugehen.

PZ-Artikel von Gisela Stieve, Bonn
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