Pharmazeutische Zeitung online

Richtlinien-Entwurf stößt auf Mißfallen

24.08.1998  00:00 Uhr

- Politik

Govi-Verlag

Richtlinien-Entwurf stößt auf Mißfallen

Der Entwurf für die neuen Arzneimittel-Richtlinien (AMR) stößt in der Pharmabranche, bei Selbsthilfegruppen, Berufsverbänden und auch in der Politik auf immer breitere Kritik. In der vergangenen Woche ist die Anhörungsfrist zu Ende gegangen. Pharmaverbände sowie Organisationen der besonderen Therapierichtungen haben ihre Stellungnahmen beim Bundesausschuß Ärzte und Krankenkassen eingereicht.

Jetzt muß der 21köpfige Ausschuß, in dem Vertreter der Vertragsärzte und der Gesetzlichen Krankenkassen unter sich sind - allerdings gibt es drei neutrale Mitglieder -, die Papiere prüfen. Wenn Einwände bei der endgültigen Richtlinien-Fassung nicht berücksichtigt werden, hat der Bundesausschuß das zu begründen. Bevor die neuen Richtlinien in Kraft treten, müssen sie vom Bundesgesundheitsministerium genehmigt werden.

Der Entwurf enthält eine ganze Reihe neuer Verordnungseinschränkungen, etwa bei Lipidsenkern, Antidementiva, Antidiabetika und Mitteln gegen Prostatahyperplasie. Ärzte werden zu Erfolgskontrollen, dokumentierten Einzelbegründungen sowie zusätzlicher Diagnostik verpflichtet.

Bereits in den vorangegangenen Wochen haben der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) und der Bundesfachverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) massive fachliche und juristische Einwände gegen die Novelle vorgebracht. Zuletzt hat sich der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) zu Wort gemeldet. VFA-Hauptgeschäftsführerin Cornelia Yzer erklärte in Bonn, man erkenne zwar die Bemühungen des Ausschusses an, den sich wandelnden Anforderungen in der Arzneimittelversorgung Rechnung zu tragen. Der Entwurf werde diesem Ziel aber nicht gerecht. Insbesondere kritisiert der VFA, daß künftig Heilversuche auf den individuellen Einzelfall beschränkt und von einer vorherigen Zustimmung der Krankenkasse abhängig gemacht werden sollen.

"Medizinisch und ethisch ebenso problematisch" sei "der vollständige Ausschluß der Erstattungsfähigkeit von zugelassenen Arzneimitteln in nicht zugelassenen Indikationen". Insbesondere in Schwerpunktpraxen - etwa für Aids- und Krebskranke - komme es häufig vor, daß der Arzt etliche Patienten gleichzeitig betreue, für die ein derartiger Heilversuch eine letzte Behandlungschance darstelle, gab Yzer zu bedenken. Der Entwurf erschwere eine Therapie nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Die Gesellschaft für Phytotherapie in Köln stellte fest, daß pflanzliche Präparate überproportional von Verordnungsausschlüssen betroffen seien. Durch die Pläne des Bundesausschusses werde der im Sozialgesetzbuch niedergelegte Grundsatz "Arzneimittel der besonderen Therapierichtung sind nicht ausgeschlossen" verletzt. Am stärksten davon betroffen wären Demenzkranke, Männer mit Prostataleiden, Leberkranke, Frauen mit Monats- und klimakterischen Beschwerden, an Venenleiden Erkrankte sowie Patienten, die eine Immunstimulationstherapie benötigen, befürchtet der Fachverband.

Auch die politische Rückendeckung für den Bundesausschuß und seinen Entwurf wird schwächer. So warnte der Vorsitzende des Bundestags-Gesundheitsausschusses, Dr. Dieter Thomae, davor, aus den Richtlinien eine Arznei-Ausschlußliste zu machen. Jetzt hat Rudolf Dreßler (SPD) zu bedenken gegeben, der Bundesausschuß habe für die Ausgrenzung von bisher gewährten Leistungen keinerlei gesetzliche Kompetenz. Und die schleswig-holsteinische Gesundheitsministerin Heide Moser (SPD) warf dem Bundesausschuß eine "arzneimittelpolitische Salamitaktik" vor, die "mehr Verunsicherung als sinnvolle Einsparungen" produziere. Gleichzeitig plädierten Dreßler und Moser allerdings dafür, den GKV-Leistungskatalog mit Positivlisten gesetzlich zu definieren.

PZ-Artikel von Karl H. Brückner, Bonn
Top

© 1997 GOVI-Verlag
E-Mail:
redaktion@govi.de

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa