Politik
Die gesetzliche
Krankenversicherung mußte nach neuesten Berechnungen des
Bundesgesundheitsministeriums trotz stagnierender
Leistungsausgaben im ersten Quartal dieses Jahres ein
Defizit von rund 2,5 Milliarden DM hinnehmen. Allerdings
gibt es Unterschiede zwischen alten und neuen Ländern:
Im Westen reduzierten sich die Leistungsausgaben der GKV
zwischen Januar und März um 0,2 Prozent. Im Osten
wandten die Krankenkassen dagegen 0,7 Prozent mehr auf.
Die Ausgaben der Krankenkassen für die
Arzneimittelversorgung reduzierten sich zwischen Januar
und März gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres
bundesweit um 0,6 Prozent je Mitglied. In Westdeutschland
stagnierten sie nahezu, mit einem Plus von 0,1 Prozent.
Zwischen Elbe und Oder wurden für Medikamente sogar 3,6
Prozent weniger ausgegeben. Für ambulante ärztliche
Behandlung gaben die Kassen im Bundesdurchschnitt
gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres je
Mitglied 0,9 Prozent mehr aus. Einem Plus von 1, 1
Prozent im Westen steht in diesem Leistungsbereich ein
Minus von 0,8 Prozent in den neuen Ländern gegenüber.
Stärker als die Einnahmen der Kassen stiegen mit einem
Plus von 3,8 Prozent die Ausgaben im stationären Sektor.
Dabei fiel die Zuwachsrate mit 7,7 Prozent zwischen Elbe
und Oder deutlich höher aus als im übrigen
Bundesgebiet. Ein kräftiger "Vorzieheffekt" im
Hinblick auf die dritte Stufe der Gesundheitsreform macht
sich bei der Ausgabenentwicklung für Zahnersatz
bemerkbar. Hier liegt die Zuwachsrate bei 11,9 Prozent im
Westen und sogar 24,9 Prozent im Osten.
Mit einem bundesweiten Minus von 41,2 Prozent reduzierten
sich die Ausgaben aller Krankenkassen für
Gesundheitsförderung drastisch. Auch die
Verwaltungskosten gingen um 2,7 Prozent zurück. Die
beitragspflichtigen Einnahmen der GKV entwickelten sich
unter dem Eindruck der Rezession nur mäßig: In den
alten Ländern stiegen sie im ersten Quartal um ein
Prozent, in den neuen Ländern waren es sogar nur
bescheidene 0,4 Prozent.
Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer zeigte sich bei
Bekanntgabe der Zahlen von der Notwendigkeit der dritten
Stufe der Gesundheitsreform überzeugt. Die beiden
Neuordnungsgesetze für die gesetzliche
Krankenversicherung würden nach ihrem Inkrafttreten
weitestgehend reibungslos umgesetzt werden. Der
CSU-Politiker unterstrich ausdrücklich seine
Bereitschaft, der Krankenkassenselbstverwaltung im Rahmen
des geltenden Rechts allen notwendigen Handlungsspielraum
zu lassen.
Er sei entschlossen, so der Ressortchef, den
GKV-Leistungskatalog nicht weiter einzugrenzen. Weitere
Sparmaßnahmen gefährdeten die notwendige medizinische
Versorgung zum Nachteil der Versicherten. Horst Seehofer:
"Nach zusätzlichen Sparmaßnahmen ist diese
Krankenversicherung nicht mehr solidarisch." Er sei
deshalb zu abermaligen Eingriffen nicht mehr bereit. Eine
vierte Stufe der Gesundheitsreform stehe in diesem
Jahrtausend nicht mehr zur Diskussion.
PZ-Artikel von Jürgen Becker, Bonn
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