Politik
Mit einer Qualitätsoffensive werden die Apotheker den Aufgaben der
Zukunft begegnen. Das kündigte ABDA-Präsident Hans-Günter Friese vor
der Presse beim 22. Informationsgespräch vor über 60 Wirtschaft- und
sozialpolitischen Journalisten am 4. Mai 1998 in Berlin an. Qualitatives
Wachstum und pharmazeutisches Nutzenmanagement gehören damit zu den
herausragenden Aufgaben das Berufsstandes, der nach Frieses Worten
"über den 27. September hinaus denkt".
Die Gesundheitspolitik müsse jetzt mit und nicht am Arzneimittel sparen, betonte der
ABDA-Präsident: "Wir wollen als Apotheker nicht reagieren, sondern proaktiv
agieren und die Entwicklungen mitgestalten." Dazu rechnet Friese eine heilberufliche
Allianz für den Patienten. Apotheker und Ärzte sollen dabei in
Arzt-Apotheker-Gesprächskreisen Manuale zur Arzneimittelauswahl erarbeiten
sowie den Kassenärztlichen Vereinigungen Schnellinformationsdienste und
Verordnungsanalysen anbieten, um den Ärzten im Umgang mit Arzneimittelbudgets
und Richtgrößen zeitnah valide Informationen zu geben.
Weiter müssen hochinnovative neue Arzneimitteltherapien finanzierbar bleiben, neue
Technologien, wie die A-Card und das elektronische Rezept, ausreifen, die
Selbstmedikation durch die pharmazeutische Beratung noch sicherer gemacht und
eine Renaissance der Rezepturherstellung in Apotheken eingeleitet werden.
Alle Überlegungen stehen laut Friese unter dem Primat des Patientennutzens. Die
Apotheker sind kein Berufsstand, der Neues negiert, sondern der Bewährtes
bewahrt und sinnvolle Fortentwicklungen vorantreibt. Eine Amerikanisierung des
Arzneimittelvertriebs und ein Hardselling von Arzneimitteln werde auch in Zukunft
nicht stattfinden.
Zum EuGH-Urteil
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur Erstattungsfähigkeit von im Ausland
beanspruchten medizinischen Leistungen und medizinischen Erzeugnissen vom 28.
April 1998 bezieht sich ohne Wenn und Aber auch auf Arzneimittel, stellte Dr.
Johannes Pieck, Sprecher der ABDA-Geschäftsführung, fest. Die Auswirkungen
müßten in diesen Tagen genau geprüft werden. Noch nie habe er, was die Zukunft
des sozialen Sicherungssystems angeht, den Gesundheitsminister so nachdenklich, ja
pessimistisch gesehen wie nach der Entscheidung in Brüssel, sagte Pieck.
Zum derzeitigen Zeitpunkt müsse festgehalten werden, daß das Europäische
Gipfeltreffen im Sommer 1997 in Amsterdam das Subsidiaritätsprinzip in der
Gesundheitspolitik ausdrücklich bestätigt hat. Organisation und Strukturen sozialer
Sicherungssysteme, das heißt, die gesetzliche Krankenversicherung und das
Apothekenwesen, bleiben demnach nationalen Entscheidungen überlassen.
Zweitens stehen nach Piecks Worten nationale Preisbildungssysteme nicht zur
Disposition. Schließlich habe das Bundesverfassungsgericht das Fremd- und
Mehrbesitzverbot ausdrücklich sanktioniert, so daß diese nationale
Gesetzgebungskompetenz nicht gegen EU-Recht verstoße.
Laut Pieck steht jedenfalls fest, daß den quantitativen Prinzipien des freien Waren-
und Dienstleistungsverkehrs nicht mit den qualitativen Aspekten der deutschen
sozialen Sicherung und auch der qualitativen Absicherung der medizinischen und
pharmazeutischen Dienstleistungen in Deutschland begegnet werden kann.
Vermutungen, daß mit der Realisierung des Prinzips des freien Dienstleistungs- und
Warenverkehrs in Deutschland auch das Versandhandelsverbot für Arzneimittel
fiele, entkräftete der Sprecher der ABDA-Geschäftsführung. Das in Deutschland
geltende Verbot, Arzneimittel im Versand zu vertreiben, sei EG-rechtskonform.
Zudem habe im vergangenen Jahr die EG-Versandhandelsrichtlinie ausdrücklich das
Recht der Mitgliedstaaten festgeschrieben, für ihre Staatsbürger den Versand von
Arzneimitteln aus Gründen des Gesundheitsschutzes zu verbieten. Gleiches besage
die 8. AMG-Novelle, die dem Bundestag vorliegt.
PZ-Artikel von Gisela Stieve, Berlin
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