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Ja zu unserem Apothekensystem

27.04.1998  00:00 Uhr

- Politik

Govi-Verlag

Ja zu unserem Apothekensystem

In Bayern ist der Wahlkampf zumindest für Apotheker vorüber, in Deutschland ist er in vollem Gange. Was kommt nach der Bundestagswahl im September? Politiker aller Couleur vertraten beim Bayerischen Apothekertag am 25. April in Nördlingen die Positionen ihrer Partei, aber auch die Standespolitiker sagten deutlich, welche Richtung die Apotheker mittragen können und welche Entwicklung sie ablehnen. So war dieser Apothekertag im bayerischen Schwaben geprägt durch den Austausch von Standpunkten.

Etwa 400 Kolleginnen und Kollegen konnte der Präsident der Bayerischen Landesapothekerkammer, Dr. Hermann Vogel, begrüßen; darunter eine große Zahl von Ehrengästen und Vertretern des Staatsministeriums, des Landtages, der Regierung von Schwaben sowie von den Apothekern nahestehenden Institutionen und Organisationen. In seiner Rede sparte er nicht mit deutlichen Antworten auf die politischen Statements; das Auditorium honorierte dies mit Beifall. Daß sich die Apotheker keineswegs notwendigen Veränderungen entziehen wollen, betonte auch der Vorsitzende des Bayerischen Apothekerverbandes, Gerhard Reichert: Sparen ja, aber an der richtigen Stelle, hieß sein Appell.

Merkl: Apotheker als Berater

Die Apotheker leisten ihren Beitrag zur Konsolidierung der Krankenversicherung, stellte Dr. Gerhard Merkl, Staatssekretär im Gesundheitsministerium, angesichts der deutlich gesunkenen Arzneimittelausgaben der GKV fest. Die bayerische Staatsregierung habe sich immer für individuelle Richtgrößen und gegen ein Globalbudget ausgesprochen. In gleicher Weise wird sie das Versandhandelsverbot in der 8. AMG-Novelle unterstützen.

Die "höchstpersönliche apothekerliche Leistung" forderte der Staatssekretär besonders bei der Beratung zu Naturheilmitteln, Schlankheits- und Nahrungsergänzungsmitteln. Ebenso sei der Apotheker gefragt bei der Abgrenzung von Lebens- und Arzneimitteln. Den Lebensjahren mehr Qualität zu geben, dazu könnten die Arzneitherapie und der Apotheker beitragen.

Vogel fordert deutliche Antworten

Klare Aussagen zur Gesundheitspolitik nach der Bundestagswahl forderte Vogel von den Politikern - und bekam sie teilweise auch. Gesundheitspolitik dürfe nicht allein Marktmechanismen ausgeliefert werden, sie bedürfe unbedingt der sozialen Komponente. Und die Politiker sollten nicht vergessen, daß der Mittelstand nach wie vor Motor der Wirtschaft und Garant für Wohlstand sei. Zu den Reiz- und Schlagwörtern der letzten Monate reihte Vogel konkrete Fragen: Wie stehe die Politik zu den Ordnungsprinzipien des Gesundheits- und des Apothekenwesens, zu Bonusverträgen, die das jahrhundertealte Prinzip sprengen, daß der Arzt keinen wirtschaftlichen Nutzen an der Verschreibung haben darf, und zu deren Fokussierung auf Arzneimittel.

Der Kammerpräsident wiederholte die Standpunkte der Apotheker: Die Elemente des Ordnungssystems können nicht einzeln in Frage gestellt werden, sondern nur wenn gleichzeitig eine Gesamtalternative geboten werde. Die habe aber bislang noch niemand vorgelegt. In Strukurverträgen müssen Krankschreibungen und Krankenhauseinweisungen aufgenommen werden; Vogel lehnte strikt die reine Konzentrierung der Bonusverträge auf den Arzneimittelbereich ab.

Verbesserungen oder grundlegende Änderungen?


Apothekerfreundlich zeigte sich Wolfgang Zöller, Mitglied des Bundestagsausschusses für Gesundheit. Die Sicherung von Leistungsfähigkeit und Finanzierung der GKV sei ein wichtiges Ziel der CSU. Die Kopplung der Kassenbeiträge an die Grundlohnsumme sei nicht aufrechtzuerhalten; es müsse mehr Geld ins System fließen, um die Versorgungsqualität zu sichern. Vorfahrt für die Selbstverwaltung und neues Gleichgewicht von Solidarität und Eigenverantwortung sind weitere Punkte aus dem Zukunftskonzept der Partei.

Ein klares Nein sagte Zöller zum Dispensierrecht für Ärzte, zu Versandhandel, zur Lockerung von Fremd- und Mehrbesitz, zur Aufweichung des Systems durch Umgehung der Apotheke. So erhöhe jede Ausdünnung des Versorgungsauftrages die Fixkosten der Apotheke. Bonusverträge zu Lasten Dritter seien vom Gesetzgeber nicht gewollt; ethisch nicht vertretbar sei es, wenn Einsparungen bei den Verordnungen den Ärzten zufließen.

Ins gleiche Horn stieß der Ausschußvorsitzende Dr. Dieter Thomae von der FDP. Weg vom Globalbudget, dafür Richtgrößen, keine Rationierung und Altersgrenzen für medizinisch notwendige Leistungen und natürlich keine Zwei-Klassen-Medizin, Einbeziehung der Versicherten, keine Positivliste - so einige Schlagworte seines Statements. Thomae bezeichnete sich als Verfechter der Arzneimittelpreisverordnung.

Petra Ernstberger von der SPD, ebenfalls Mitglied des Ausschusses, sieht das Gesundheitswesen - »derzeit ein Selbstbedienungsladen mit ungebremsten Ausgabenzuwächsen« - am ordnungspolitischen und sozialen Scheideweg. Mit einem abgestuften Konzept will die SPD ein starkes, solidarisch finanziertes Gesundheitssystem sichern. Sie sieht derzeit Überfluß im Arzneimittelbereich und bei der Gerätemedizin, aber Mangel bei der Versorgung chronisch Kranker. Die Partei setzt unter anderem auf Globalbudget, Positivliste und Senkung der Patientenzuzahlung. Gleichwohl begrüßte Ernstberger die Anstrengung der Apotheker zur Weiterentwicklung der Arzneimittelversorgung. Für die Sozialdemokraten sei "die Apotheke der Vertriebsweg der Wahl".

"Wir wollen Sie als Mitglieder des Heilberufs belassen, nicht als Kaufleute", sagte auch Theresia Schopper von Bündnis 90/Die Grünen. Für falsch hält ihre Partei die "Mär von der Kostenexplosion". Schopper, Mitglied des Ausschusses für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik des Bayerischen Landtages, nannte die Ziele der Grünen: Globalbudget - ohne Altersgrenze für medizinische Leistungen - und Positivliste, Ausbau des Solidarprinzips mit langfristig anzustrebender Einbeziehung von Selbständigen und Beamten in die GKV, bessere Verzahnung ambulanter und stationärer Versorgung, Ausbau von Prävention und Aufklärung, Einbeziehung von Import-Arzneimitteln und ganzheitliche Ausrichtung der Medizin.

PZ-Artikel von Brigitte M. Gensthaler und Hartmut Morck, Nördlingen
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