Politik
Apotheker müssen ihre Rolle als aktive Arzneimittelberater stärker als
bisher wahrnehmen. Das riet Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister
Axel Horstmann (SPD) den Gästen der Fastenspeise, einem traditionellen
Politforum, zu dem der Apothekerverband Nordrhein alljährlich einlädt.
Dazu gehöre auch, daß in jeder Apotheke die Möglichkeit zur vertraulichen
Beratung der Kunden und Patienten gegeben sein muß.
Wie notwendig die Diskussion um Beratung in der Apotheke ist, belegen nach
Horstmanns Worten zwei Zahlen: die Hälfte der Arzneimittel wird nicht korrekt, ein
Drittel überhaupt nicht eingenommen. Wirtschaftliche Arzneimittelversorgung
bedeute aber, daß die Medikamente effizient eingesetzt werden. Wünschenswert
seien Qualitätsstandards, die auf Ergebnisqualität ausgerichtet sind, damit das
Verständnis der Patienten über ihre Arzneimittel verbessert werde. Der Minister
fragt sich sogar, ob die moralischen Appelle zur Beratung ausreichen oder ob nicht
besser durch ordnungspolitische Reformen Anreize zur Beratung gegeben werden
sollten. Die Frage der Honorierung werde bereits berufsintern diskutiert. Aus der
Sicht des Ministeriums sei allerdings ein finanzielles Mehr für Arzneimittelversorgung
nicht möglich.
Zur Frage, ob jede Apotheke heute noch ein Labor zur Prüfung der Ausgangsstoffe
und zur Herstellung von Rezepturen braucht, gebe es im Ministerium noch keine
abschließende Meinung. Dort stelle man sich allerdings die Frage, ob nicht die
Einzelanfertigung von Arzneimitteln kostengünstiger, effektiver und qualitativ besser
auch woanders organisiert werden könne.
Einen kritischen Blick warf Horstmann auf das Erscheinungsbild der Apotheken, das
Auskunft über das Selbstverständnis des Apothekers gebe. Die zu Hunderten in der
Sichtwahl vorrätig gehaltenen Arzneimittel würden zu Mehrgebrauch einladen und
seien zudem nicht immer von diätetischen Arzneimitteln und apothekenüblichen
Waren strikt getrennt. So könne der Verbraucher das Arzneimittel als eine Ware
besonderer Art nur schwer erkennen. Für die Zukunft der Apotheke sei es
förderlich, wenn sie sich auf ihre Kernkompetenz konzentriere und
Nebensächlichkeiten vermeide. "Der Heilberuf ist für die Arzneimittelversorgung in
Zukunft unverzichtbar", so Horstmann.
Im Sinne des Verbraucherschutzes sprach sich der Minister eindeutig gegen den
Versandhandel mit Arzneimitteln aus. Ohne ärztliche Kontrolle und qualifizierte
Abgabe in den Apotheken insbesondere von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln
sei der notwendige Verbraucherschutz nicht gegeben.
Horst Nettesheim, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein, wies darauf
hin, daß in Apotheken mehr Bundesbürger beschäftigt sind als in der gesamten
Pharmaindustrie. Er dankte dem Minister, daß er im Bundesrat die nordrheinischen
Vorstellungen zur Arzneimittelpreisverordnung unterstützt habe. Sie sei die
Voraussetzung für die Tätigkeit der öffentlichen Apotheken im zukunftsträchtigen
Wachstumsmarkt Gesundheitswesen.
PZ-Artikel von Gisela Stieve, Düsseldorfs
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