Politik
Die ABDA -
Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände hat Pläne
der Bonner Regierungskoalition kritisiert, den
Vergeltungsanspruch der Leistungserbringer für Bandagen,
Einlagen sowie Hilfsmittel zur Kompressionstherapie um
die künftig von den Patienten zu leistenden
20prozentigen Zuzahlungen zu verringern. Würden die
Gesetzesvorschläge von Union und FDP verwirklicht,
drohten erhebliche Wettbewerbsverzerrungen und
Fehlsteuerungen zu Lasten der gesetzlichen
Krankenversicherung, erklärten Spitzenvertreter der ABDA
bei einer Expertenanhörung vor dem Gesundheitsausschuß
des Bundestages.
Nach den Vorstellungen von Union und FDP soll
nicht nur der Vergütungsanspruch verringert werden,
sondern gleichzeitig die Inkassopflicht ausschließlich
beim Leistungserbringer liegen. Zuzahlungen für
Medikamente etwa haben dagegen in letzter Konsequenz die
Krankenkassen einzuziehen. Sie müssen - wenn selbst eine
schriftliche Zahlungsaufforderung des Apothekers nichts
fruchtet - die Selbstbeteiligung vom Versicherten
einkassieren.
Die Sorge der ABDA: Leistungerbringer könnten - ohne
einen Rechtsverstoß zu begehen! - darauf verzichten, die
Hilfsmittel-Zuzahlungen vom Patienten zu verlangen, denn
nur sie hätten ja in diesem Bereich das Inkassorecht. Es
sei deshalb nicht auszuschließen, daß einzelne
Anbieter, die relativ hohe Preise für Bandagen, Einlagen
und Hilfsmittel zur Kompressionstherapie mit den
Krankenkassen vereinbart hätten, diese Preise durch
vollständigen oder teilweisen Verzicht auf Zuzahlungen
"kompensieren". Damit aber würden Anreize für
Patienten geschaffen, gerade solche Leistungserbringer
aufzusuchen, die zu Lasten der Krankenkassen weniger
preisgünstige Hilfsmittel abgeben.
Eine erstmals eingeführte, prozentuale Zuzahlung bei
Hilfsmitteln führe darüber hinaus zu
Abrechnungsproblemen mit den Krankenkassen. Die
EDV-Systeme in den Apotheken und die Abrechnungsprogramme
müßten so umgestellt werden, daß sie auch
Pfennigbeträge berücksichtigen könnten. Zugleich sei
das Verordnungsblatt zu ändern, welches bislang
lediglich vier Stellen vorsehe: Bei einer 20prozentigen
Zuzahlung werde dies nicht in jedem Fall ausreichen.
Der Praktikabilität zuliebe schlägt die ABDA deshalb
vor, die zu entrichtenden Selbstbeteiligungen auf ganze
DM-Beträge aufzurunden. Zudem müsse der Apothekerschaft
eine mindestens dreimonatige Übergangsfrist eingeräumt
werden, um die sich abzeichnenden
Abrechnungsschwierigkeiten in den Griff zu bekommen.
ABDA fordert Übergangsfrist von einem Monat
Begrüßt wird von der ABDA dagegen, daß die
Koalition den Krankenkassen nicht mehr erlauben will,
Zuzahlungen nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen
gestaffelt zu erhöhen. Dadurch werde ein
Abrechnungschaos mit hunderten verschiedener Zuzahlungen
vermieden. Nach wie vor möchten Union und FDP den Kassen
allerdings gestatten, Zuzahlungen unabhängig von
Beitragssatzanhebungen prozentual zu erhöhen. Damit die
Leistungserbringer genug Zeit haben, sich auf geänderte
Zuzahlungen einzustellen, müsse der Gesetzgeber hier
Übergangsfristen von mindestens einem Monat
vorschreiben, fordert die ABDA: Erst einen Monat nach dem
Beschluß, die Zuzahlungen zu erhöhen dürfe die
Zuzahlungserhöhung wirksam werden.
Beifall zollt die Spitzenorganisation der Apothekerschaft
der Regierungskoalition für die Absicht, die starren
Arzneimittelbudgets durch flexiblere Richtgrößen
abzulösen. Auch die künftigen Mitwirkungsrechte der
Apotheker bei der Festlegung von
Arzneimittelrichtgrößen durch den Bundesausschuß
Ärzte/Krankenkassen werden begrüßt: Allerdings müsse
der Gesetzgeber klarstellen, daß es nicht mehrere
Spitzenorganisationen der Apotheker auf Bundesebene gebe,
sondern nur eine, eben die ABDA.
PZ-Artikel von Hans-Bernhard Henkel, Bonn
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