Politik
Festakt für Klaus Stürzbecher auf dem Petersberg
Mit einem Festakt ist Klaus Stürzbecher, Ehrenpräsident der ABDA -
Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände nach 16jähriger Amtszeit
als ABDA-Präsident offiziell aus seinem Amt verabschiedet worden. Über
240 Gäste aus Politik, Verbänden, Industrie und den Hochschulen kamen
am 26. Februar auf den Bonner Petersberg, um Stürzbechers Verdienste zu
würdigen.
"In seiner 16jährigen Amtszeit bei der ABDA hat Klaus Stürzbecher die deutsche
Pharmazie auf dem Weg ins nächste Jahrtausend ein ganz gehöriges Stück nach
vorne gebracht", erinnert sein Nachfolger Hans-Günter Friese. Dafür sind ihm die
Apothekerinnen und Apotheker, insbesondere die 34 Mitgliedsorganisationen der
ABDA, zu tiefem Dank verpflichtet. Unter der Federführung von Stürzbecher war
die ABDA 1993 mit dem ABDA-Konzept "Zur Verbesserung der
Arzneimittelversorgung - mehr Verantwortung für die Apotheker" angetreten, den
Beruf des Pharmazeuten weiterzuentwickeln.
In Zeiten knapper Mittel werden alle Neuerungen daran gemessen, ob sie einen
konkreten Nutzen für die Gesellschaft, für das Gesundheitswesen und für den
Patienten haben, so Friese in seiner Laudatio. "Das ABDA-Konzept trägt den
Charme, ein solches Nutzen-Konzept zu sein". Schließlich verharre der Berufsstand
nicht in Besitzständen, sondern orientiere sich ständig an der Zukunft und den neuen
Herausforderungen. Das deutsche Gesundheitswesen braucht nach Friese mehr
pharmazeutische Kompetenz und Transparenz. Letztere aber nicht nur bei den
Kosten, sondern auch in der pharmazeutischen Qualität.
Berufspolitische Karriere
1973 wählten die Berliner Apothekerinnen und Apotheker Klaus Stürzbecher zum
Vorsitzenden des Berliner Apothekerverbandes. Nur zwei Jahre später, 1975,
kandidierte er auf Drängen des damaligen Kammerpräsidenten Günter Drost für
dieses Amt, in das er mit großer Mehrheit gewählt wurde. Sechs Jahre lang übte er
beide Ämter in Personalunion aus. "So war Klaus Stürzbecher schon damals in
Berlin gelebtes Beispiel für den ABDA-Gedanken", sagte Friese. "Eine einheitliche
Vertretung aller Apothekerinnen und Apotheker mit einer Stimme". Vor allem aber
wußte er um die gestaltende Kraft der Selbstverwaltung, die den freien Berufen in
unserem föderativen, freiheitlichen Gemeinwesen große Chancen einräumt, wie dies
auch wiederholt von den Politikern betont wird.
Aufgrund seiner umfassenden berufspolitischen Erfahrungen war Klaus Stürzbecher
1981 der ideale Kandidat für das Amt des ABDA-Vizepräsidenten. Nur wenige
Monate später übernahm er nach dem tragischen Tod von Dr. Rolf Martin dessen
Amt als Präsident der ABDA. Daß er bei seinem Engagement für die
Aufrechterhaltung eines hochqualifizierten Berufsbildes nie die wirtschaftlichen
Interessen aus den Augen verlor, kennzeichnet nach Frieses Worten die Person
Klaus Stürzbechers. Die 16 Jahre seiner Amtsführung fielen in eine politisch
hochbrisante Zeit. Knapper werdende Ressourcen gaben Anlaß zu immer neuen
Sparmaßnahmen, die die Apotheker bis zur äußersten wirtschaftlichen Bedrohung
tangierten. In ungezählten Verhandlungen, Podiumsdiskussionen und Interviews habe
Stürzbecher immer wieder seine Fähigkeit zum Ausgleich bewiesen.
Friese hob besonders hervor, daß Stürzbecher mit "pharmazeutischem
Selbstbewußtsein" die massiven Bedrohungen des Berufs - Versandhandel von
Arzneimitteln, Forderung nach ärztlichem Dispensierrecht, Aufhebung des Fremd-
und Mehrbesitzverbots - verhindert habe. Nicht durch bloßes Nein-Sagen, sondern
durch Überzeugen.
"Kanzler der Apotheker"
"Als Kanzler der Apotheker haben Sie, Herr Stürzbecher, länger das Heft in der
Hand gehabt als je ein Bundeskanzler". Mit diesen Worten überbrachte die
Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Dr. Sabine
Bergmann-Pohl, die Grüße von Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer, der
kurzfristig absagen mußte. Sie und ihr Haus hätten Stürzbechers fairen Stil der
politischen Auseinandersetzung hoch geschätzt.
Für Bergmann-Pohl stelle sich die Zusammenarbeit mit Klaus Stürzbecher als ein
"Wechselbad der Gefühle" dar: ein großer Strauß rote Rosen zum Amtsantritt in
Berlin, Transparente und ein Pfeifkonzert auf dem Deutschen Apothekertag 1991 in
München und später wieder versöhnender Beifall nach anderen Reden vor der
Apothekerschaft. Sie persönlich habe ihm hoch angerechnet, daß er eine andere
Meinung nicht gleich als Kriegserklärung verstanden habe. Es sei eine schwierige
Aufgabe, der Präsident eines Interessenverbandes zu sein. Genauso schwierig sei es,
den Erfolg zu messen. "Sie, Herr Stürzbecher, können zufrieden auf den Abschnitt
zurückblicken. Sie waren erfolgreich, weil sie dem Gemeinwohl gedient haben."
Den
Festvortrag der Veranstaltung hielt Professor Dr. Hartmut Derendorf von der
University of Florida.
PZ-Artikel von Gisela Stieve, Petersberg bei Bonn
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