Politik
Die
Gesundheitsexperten der Regierungsfraktionen haben sich
bei ihren Beratungen auf der Basis einer Vorschlagsliste
des Bundesgesundheitsministeriums auf Änderungsanträge
zum zweiten Neuordnungsgesetz für die gesetzliche
Krankenversicherung verständigt. Dabei erhalten
Apothekerverbände und die Interessenorganisationen der
pharmazeutischen Industrie erstmals ein qualifiziertes
Anhörungsrecht bei allen Entscheidungen des
Bundesausschusses Ärzte/Krankenkassen im
Arzneimittelsektor. Alle Absprachen stehen aber derzeit
noch unter dem Vorbehalt des endgültigen Votums der
Fraktionen von CDU/CSU und FDP.
Die Union fand bis Redaktionsschluß wegen des
internen Streits um die Beteiligung der Arbeitgeber an
künftigen Beitragserhöhungen der Krankenkassen zu
keiner Einigung. Prominente Sozialpolitiker, darunter
Bundesarbeitsminister Norbert Blüm und der ehemalige
CDU-Generalsekretär Heiner Geißler, stellen sich bisher
vehement gegen eine entsprechende Initiative von
Gesundheitsminister Horst Seehofer. Danach könnten die
Krankenkassen bei Anhebung ihrer Beitragssätze wählen,
ob sie entweder die Selbstbeteiligung wie im ersten
GKV-Neuordnungsgesetz vorgegeben erhöhen wollen oder
aber die zusätzliche Beitragslast ausschließlich den
Arbeitnehmern aufbürden.
Arztgruppenspezifische Richtgrößen kommen
Das bisherige Arznei- und Heilmittelbudget soll
mit dem zweiten GKV-Neuordnungsgesetz durch einheitliche
arztgruppenspezifische Richtgrößen abgelöst werden.
Darin bestimmen Kassenärztliche Vereinigungen und
Krankenkassenverbände verbindlich das Volumen der je
Arzt verordneten Leistungen. Die Richtgrößen können
für Arznei- und Verbandmittel sowie Heilmittel getrennt
festgesetzt werden. Die Vertragspartner haben sich
prinzipiell an den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit
und der Beitragssatzstabilität zu orientieren.
Die Koalition will es den Krankenkassen untersagen, die
Selbstbeteiligung der Versicherten bei Arzneimitteln nach
Indikationen zu staffeln. Dazu wird § 55 des SGB V
entsprechend ergänzt. In der Begründung heißt es, die
Ausgrenzung von Arzneimiteln sollte auf diesem Wege nicht
möglich sein.
Entgegen früheren Plänen des Bundesgesundheitsministers
bleiben häusliche Krankenpflege, Massagen, Kuren,
Krankengymnastik und Fahrtkosten im
Pflichtleistungskatalog der Krankenkassen.
Leistungsumfang und dafür in Frage kommende Indikationen
bestimmt die Selbstverwaltung in enger Absprache mit den
beteiligten Leistungserbringern. Damit hat sich das von
der PZ bereits skizzierte
Partnerschaftsmodell" durchgesetzt.
Die ärztliche Gesamtvergütung wird auf der Grundlage
des Bewertungsmaßstabes nach festen prospektiv
vereinbarten Punktwerten festgesetzt. In Verträgen
können die Krankenkassenverbände und die
Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren, vernetzten
Praxen oder einzelnen niedergelassenen hausärztlich
tätigen Medizinern Verantwortung für die Qualität und
Wirtschaftlichkeit zu übertragen. Das gilt auch für
verordnete oder veranlaßte Leistungen (einschließlich
Arzneimittel) insgesamt oder inhaltlich definierte
Teilbereiche davon. Die Vergütung kann gesondert
vereinbart werden. Die Teilnahme von Ärzten und
Versicherten ist freiwillig.
Auch in Kliniken läuft das pauschale Budget aus
Bei der stationären Versorgung wird nach dem
Auslaufen der pauschalen Budgetbegrenzung weitgehend zu
Regelungen der Bundespflegesatzverordnung 1995
zurückgekehrt. Das Klinik-Gesamtbudget 1996 wird
aufgeteilt in den Bereich der Fallpauschalen und
Sonderentgelte und in das Restbudget". Den
Vertragsparteien wird vorgegeben, die
Pflegesatzverhandlungen künftig leistungsbezogen zu
führen. Beim Restbudget sind nur Steigerungsraten bis
zur Höhe der Entwicklung der Grundlohnsumme möglich.
Für die Instandhaltungskosten der Kliniken entrichten
die Versicherten von 1997 bis 1999 einen zusätz1ichen
Krankenversicherungsbeitrag von 20 DM pro Jahr. Der
Zusatzbeitrag ist von Arbeitgebern und
Rentenversicherungsträgern an die Krankenkassen
abzuführen. Freiwillig Versicherte zahlen selbst ein.
PZ-Artikel von Jürgen Becker, Bonn
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