Plenum stimmt für MDR-Revision |
Jennifer Evans |
23.10.2024 14:15 Uhr |
Das EU-Parlament macht der EU-Kommission Druck, sich zeitnah mit der Überarbeitung der MDR zu befassen. Das ist Ergebnis der heutigen Sitzung in Straßburg. / © IMAGO/Winfried Rothermel
Das EU-Parlament drängt auf eine schnelle Änderung der Medical Device Regulation (MDR). In seiner heutigen Sitzung in Straßburg forderte es die EU-Kommission dazu auf, die wichtigsten Probleme bereits im ersten Quartal 2025 anzugehen. Das ist eine gute Nachricht, wie die beiden EU-Abgeordneten Peter Liese und Angelika Niebler finden. Allerdings hätten sie sich einen Zeitplan für eine komplette Revision der umstrittenen Verordnung gewünscht. Das hat jedoch nicht geklappt. Ein entsprechender Antrag ist nach Angaben von Liese von den Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen blockiert worden. Sie hielten den Zeitplan für zu ambitioniert.
Unabhängig vom Ausgang der Resolution fordert Liese (EVP), die EU-Kommission auf, die Arbeiten für eine umfassende Revision zumindest massiv zu beschleunigen. »Es gibt keine Zeit zu verlieren, das muss absolute Priorität haben«, betonte er. Die Verordnung sei in ihrer gegenwärtigen Form viel zu bürokratisch. Das gehe auf die Kosten von Patienten, Arbeitsplätzen und Wettbewerbsfähigkeit.
Kollegin Niebler bekräftigte: »Wir brauchen die konkrete Reform so schnell wie möglich und keine langwierige Evaluierung.« Die Medizinprodukteverordnung bedeute in ihrer jetzigen Form »Gefahr in Verzug. Es geht darum, Leben zu retten.« Der Zertifizierungsprozess müsse dringend einfacher gestaltet sein. Denn nur dann bleibe Europa als Innovationsstandort attraktiv für Medizinproduktehersteller.
Die beiden EU-Abgeordneten kämpfen seit Jahren für Anpassungen der MDR. Die verschärften Anforderungen hatten in den vergangenen Jahren für Zertifizierungsstau und Engpässe von Produkten gesorgt. Einige Hersteller mussten sogar ein paar Produkte vom Markt nehmen.
Rückenwind bekommt die geplante Revision auch von der Industrie. Der Verband Pharma Deutschland hob hervor, welche »praxisnahen Änderungen« nötig seien, um eine effiziente und sichere Versorgung sicherzustellen. Dazu gehörten verbindliche Fristen für das Zertifizierungsverfahren sowie transparente und vergleichbare Kostenangebote der Benannten Stellen. Als weiteres Hemmnis sieht der Verband die nötige Rezertifizierung der Produkte, die alle fünf Jahre vorgeschrieben ist. Das verbessere die Sicherheit nicht, heißt es. Pharma Deutschland plädiert daher für eine unbefristete Gültigkeit der Zertifikate, sofern die MDR-Anforderungen weiterhin erfüllt sind.
Entlastungen fordert die Industrie auch in Sachen Bürokratie und schlägt vor, zentrale Produktinformationen in einem Kerndokument zusammenzufassen – zumindest bis die Europäische Datenbank für Medizinprodukte läuft. Zu wenig gefördert sind nach Ansicht des Verbands auch Innovationen, was zulasten der Wettbewerbsfähigkeit geht. Um Kosten- und Umweltaspekten stärker Rechnung zu tragen, pocht Pharma Deutschland auf die stärkere Nutzung der elektronischen Gebrauchsanweisungen (eIFU).
Auch der Verband der Diagnostiker-Industrie (VDGH) hält den Schritt der MDR-Überarbeitung für längst überfällig. VDGH-Geschäftsführer Martin Walger moniert vor allem die Nachteile für kleine und mittlere Unternehmen, die durch die komplexen regulatorischen Verfahren entstehen. »Ein Drittel aller Klasse-D-Produkte droht vom Markt zu verschwinden, darunter lebenswichtige Tests wie HIV-Tests und Diagnostika zur Sicherheit von Blutspenden. Dies stellt eine ernsthafte Bedrohung für die Patientensicherheit dar«, so Walger.
Ein sogenanntes »Fast-Track«-Zulassungsverfahren sowie die Abschaffung der aufwendigen fünfjährlichen Rezertifizierung sieht er ebenfalls als sinnvolle Lösungsansätze. Der VDGH erwartet nun, dass der neue Gesundheitskommissar »unverzüglich handelt«, um drohende Engpässe in der Gesundheitsversorgung zu verhindern.