Pilsinger überzeugt BMG-Antwort zu Geheimpreisen nicht |
Kam die Regelung zu geheimen Preisen im MFG auf Druck des Pharmakonzerns Eli Lilly zustande? Der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Pilsinger fragte beim Bundesgesundheitsministerium nach. / © IMAGO/Metodi Popow
Hat die Bundesregierung die Regelung zu vertraulichen Erstattungspreisen auf Wunsch von Eli Lilly ins Medizinforschungsgesetz (MFG) geschrieben, damit der US-Pharmakonzern in ein neues Werk im rheinland-pfälzischen Alzey investiert? Laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung (SZ) legen das interne Dokumente des Bundesgesundheitsministeriums nahe, die ein Rechercheteam von SZ, NDR, WDR und der Journalistengenossenschaft »Investigate Europe« kürzlich veröffentlichte. Die PZ hatte berichtet.
Wie der CSU-Bundestagsabgeordnete und Gesundheitsexperte Stephan Pilsinger der PZ heute mitteilte, stellte er dazu in der vergangenen Woche eine Anfrage ans BMG. Darin fragte er dezidiert nach, ob die im Medizinforschungsgesetz enthaltene Möglichkeit vertraulicher Erstattungspreise nur deshalb von der Bundesregierung in ihren Gesetzentwurf aufgenommen worden war, weil das Pharmaunternehmen Eli Lilly gemäß eines öffentlich gewordenen Aktenvermerks des Referats 117 des BMG vom 13. September 2023 seine Investitionsentscheidung an die Zusage der Bundesregierung, vertrauliche Rabatte bei innovativen Arzneimitteln zu ermöglichen, geknüpft habe.
In dem Aktenvermerk hieß es: Es »kann dem CEO von Eli Lilly Dave Ricks mitgeteilt werden, dass das BMG dem Wunsch von Eli Lilly nachkommt und im Rahmen des MFG plant, vertrauliche Rabatte für den Herstellerpreis zu ermöglichen.«
Pilsinger wollte auch wissen, ob Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) persönlich darauf eingewirkt hätten, dass die im MFG enthaltene Regelung zu vertraulichen Erstattungspreisen in das Gesetz aufgenommen werde, wenn Eli Lilly im Gegenzug eine milliardenschwere Standort-Investition an seinem rheinland-pfälzischen Standort Alzey zusage; und wenn ja, inwiefern?
Am Dienstag erhielt Pilsinger eine Antwort des BMG, die der PZ vorliegt. Ob ein Unternehmen eine Investitionsentscheidung treffe, sei eine unternehmerische Entscheidung, die sich der Beurteilung der Bundesregierung entziehe, teilte der parlamentarische Staatssekretär Edgar Franke in dem Schreiben mit.
Er argumentierte weiter, dass bereits der zeitliche Verlauf »dem mit den Fragestellungen unterstellten Zusammenhang« entgegenstehe. Eli Lilly habe die Investition am 17. November 2023 öffentlich angekündigt. Der Regierungsentwurf des Medizinforschungsgesetzes wurde am 27. März 2024 vom Kabinett beschlossen. Der Deutsche Bundestag habe das Gesetz am 4. Juli 2024 verabschiedet.
Franke wies in dem Antwortbrief außerdem daraufhin, dass pharmazeutische Unternehmen seit Jahren die Ermöglichung vertraulicher Erstattungsbeträge forderten. Die Vertraulichkeit der Erstattungsbeträge sei eine von mehreren Maßnahmen, die in der von der Bundesregierung beschlossenen Strategie »Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Pharmabereich in Deutschland – Handlungskonzept für den Forschungs- und Produktionsstandort« aufgenommen worden sei.
»Das Medizinforschungsgesetz setzt wesentliche Teile dieser Strategie um und damit auch die von der Pharmaindustrie erhobene Forderung zur Vertraulichkeit der Erstattungsbeträge«, so Franke.
»Die Regelung im Medizinforschungsgesetz wurde so ausgestaltet, dass den Interessen der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler der Krankenkassen Rechnung getragen wird und davon auszugehen ist, dass pharmazeutische Unternehmen nur in bestimmten Einzelfällen von der Regelung Gebrauch machen werden«, heißt es weiter.
Wie Pilsinger der PZ heute mitteilte, überzeuge ihn die Antwort aus dem BMG noch nicht. Er hält eine Einflussnahme nach wie vor für möglich. »Wenn man sieht, dass der nunmehr vom Recherchenetzwerk Investigate Europe veröffentlichte, in meinen Augen belastende Aktenvermerk des Referats 117 des BMG vom 13. September 2023 stammt, also mehr als zwei Monate vor der Ankündigung von Eli Lilly, die Investition in Alzey tätigen zu wollen, und der Gesetzentwurf der Bundesregierung erst danach bekannt wurde, bleibt das Geschmäckle, ja der beißende Geschmack für mich bestehen. Erst recht, wenn man weiß, dass sich Lauterbach zuvor immer gegen vertrauliche Erstattungspreise ausgesprochen hatte«, macht der Bundestagsabgeordnete deutlich.