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Stiftung Warentest

Pharmahersteller mauern bei Produktionsbedingungen

Viele Arzneistoffe werden in Fernost hergestellt. Wie sorgen Pharmakonzerne im Ausland für gute Qualität und unter welchen Arbeits- und Umweltbedingungen werden die Medikamente produziert? Auf eine Befragung erhielt die Stiftung Warentest nur spärliche Antworten der Hersteller.
Anne Orth
22.07.2022  12:00 Uhr

Die Pharmabranche lässt viele Wirkstoffe außerhalb der Europäischen Union und der USA herstellen. Nach Angaben der Stiftung Warentest stammen etwa 80 Prozent der Wirkstoffe laut Schätzungen aus Drittländern, vor allem aus Indien und China. Dort koste die Produktion weniger als in Deutschland; Gründe dafür seien ein niedrigeres Lohnniveau und geringere Umweltstandards. Insbesondere die Generika-Industrie ist davon betroffen. Aufgrund des niedrigen Preisniveaus im Rabattvertragsbereich haben die Hersteller einen Großteil ihrer Produktionen in andere Länder verlagert.

Doch in welchen Ländern lassen Pharmahersteller ihre Wirkstoffe produzieren? Welche Sozialstandards gelten an den Produktionsstätten im Ausland, etwa beim Arbeitsschutz, bei den Löhnen und bei der wöchentlichen Arbeitszeit? Wie stellen die Hersteller sicher, dass dort Luft und Gewässer möglichst wenig verschmutzt werden? Wie sorgen sie für die pharmazeutische Qualität der Arzneimittel? Das wollte die Stiftung Warentest in der Zeit vom 31. März bis zum 28. April 2022 von zehn umsatzstarken Pharmaherstellern wissen, die Medikamente in Deutschland vertreiben.

Original- und Generikahersteller wurden befragt

Bei fünf der befragten Unternehmen handelt es sich um Originalhersteller, die Mitglied im Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) sind, bei fünf weiteren um Generikahersteller, die dem Verband Pro Generika angehören. Die Stiftung befragte jeden der Anbieter konkret zu einem Medikament des jeweiligen Unternehmens – und zwar zu einem Monopräparat, das die Nutzerinnen und Nutzer im vergangenen Jahr auf test.de am häufigsten aufgerufen haben.

Für die Untersuchung verschickte die Stiftung Warentest einen Fragebogen an die Hersteller. Die Antworten fielen spärlich aus. »Wir bekamen kaum Einblick in diesen mächtigen Industriezweig«, bedauerten die Tester. Lebensmittel- und Textilhersteller seien in Tests deutlich transparenter, bemängelten sie.

Keine oder nur allgemeine Auskünfte

Drei der Originalhersteller – Berlin-Chemie, Pfizer und Sanofi – lieferten nach Angaben der Stiftung keinerlei Informationen. MSD und Novartis gaben nur kurze allgemeine Auskünfte. MSD, das nach dem Produktionsort von Januvia-Filmtabletten befragt wurde, die bei Typ-2-Diabetes zum Einsatz kommen, gab an, dass der Mutterkonzern Merck Mitglied der »Pharmaceutical Supply Chain Initiative« (PSCI) sei. Diese habe Prinzipien für globale Lieferketten in der Pharmaindustrie entwickelt, auch zu Arbeit und Umwelt. Was die PSCI-Mitgliedschaft konkret für den angefragten Wirkstoff Sitagliptin bedeute, schrieb MSD nicht. Novartis gab an, dass der Konzern weltweit ein Netzwerk an Produktionsstandorten habe. Bezüglich Qualität, Arbeitssicherheit und Umweltschutz würden überall die gleichen Standards gelten wie an Standorten des Konzerns in Deutschland. Auch der Generikahersteller Hexal mit 4.000 Beschäftigten in Deutschland hielt sich bedeckt.

Regelmäßige Audits

Am kooperativsten erwiesen sich laut Stiftung Warentest vier der befragten Generikahersteller. Demnach gaben Aliud Pharma, AbZ-Pharma und Ratiopharm an, dass sie bei Zulieferern auf Qualität achten, etwa durch regelmäßige Audits. Damit erfüllten sie ihre gesetzlichen Pflichten, was die Güte der Produktion betrifft. Zu Arbeits- und Umweltbedingungen an ausländischen Produktionsstandorten äußerten auch diese Hersteller sich entweder nicht oder nur sehr allgemein.

Einer der Generikahersteller – 1A Pharma – teilte nach Angaben der Stiftung mit, der angefragte Wirkstoff stamme aus Deutschland und den USA. Mehr Angaben musste er entsprechend der Anfrage nicht machen und wollte es auch nicht. Die angefragte Arznei sei ein Betäubungsmittel und verschreibungspflichtig. Da sei es ohnehin kritisch, die Informationen zur Verfügung zu stellen, da die Entscheidung bei solchen Medikamenten der Arzt fällen müsse. Ähnlich äußerte sich laut Stiftung Warentext Hexal.

Bisher wenig Regeln zu Sozial- und Umweltstandards

Hinsichtlich der pharmazeutischen Qualität gibt es Regeln, die Zulieferer in der Produktion einhalten müssen. Um die Einhaltung von Umweltstandards gehe es dabei aber kaum, kritisiert die Stiftung Warentest. So zeigten Studien, dass Gewässer in der Nähe indischer und chinesischer Pharmafabriken oft mit Antibiotika belastet seien. Über die Arbeitsbedingungen in chinesischen und indischen Pharmafirmen lasse sich wenig herausfinden.

Nur eine schmale Stichprobe

Der Artikel in der aktuellen Ausgabe von »Test« zeige nur eine schmale Stichprobe aus einer Vielzahl pharmazeutischer Unternehmen, bemängelt vfa-Forschungssprecher Rolf Hömke auf Nachfrage der Pharmazeutischen Zeitung. Hömke wies auf die »Pharmaceutical Suply Chain Initiative« (PSCI) hin. In dieser Initiative hätten sich 63 Pharma-Unternehmen zusammengeschlossen. Die PSCI habe Prinzipien hinsichtlich Arbeitsbedingungen, Umweltverantwortung und anderer Aspekte festgelegt, auf deren Durchsetzung die Mitglieder in ihren Lieferketten hinarbeiteten.

vfa-Sprecher Hömke informierte auch über die Gruppe der »Antimicrobial Resistance (AMR) Roadmap Companies«, die speziell für die Antibiotikaproduktion einen Plan zur Verbesserung der Situation verfolge. Dieser sehe unter anderem Audits in den Produktionsstätten und eine umweltgerechte Verarbeitung fester Produktionsabfälle vor. Zu den Mitgliedern der AMR Industry Alliance gehörten unter anderem AstraZeneca, Roche, GSK, Johnson & Johnson, Merck & Co. Inc., Novartis, Pfizer, Sanofi und Shionogi. Der Verband Pro Generika äußerte sich auf Nachfrage der PZ nicht zu den Untersuchungsergebnissen der Stiftung Warentest.

Ab Januar 2023 gilt Lieferkettengesetz

Was die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards bei der Produktion im Ausland angeht, kann laut Stiftung Warentest das Lieferkettengesetz etwas bringen, das ab 1. Januar 2023 gilt. Dann seien in Deutschland tätige Unternehmen verpflichtet, Sorgfaltspflichten in ihren Lieferketten nachzukommen. Sie müssten etwa regelmäßig überprüfen, ob Zulieferer Menschenrechte verletzen oder die Umwelt schädigen – und wenn nötig Abhilfe schaffen. Das Gesetz betreffe auch Pharmaunternehmen ab einer bestimmten Größe. Als Richtschnur gelten nach Angaben der Stiftung 3.000 Beschäftigte in Deutschland.

 

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