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Apothekerkammer Nordrhein

»Pharmacy first« und eine Resolution

Vor-Ort-Apotheken müssen mehr Kompetenzen bekommen, machte Nordrheins Kammerpräsident Armin Hoffmann bei der gestrigen Delegiertenversammlung klar. Im Sinne des Konzepts »Pharmacy first« könnten sie künftig noch viel häufiger zur ersten Anlaufstelle im Gesundheitswesen werden. Um sich vor unlauteren Online-Plattformen und dem Versandhandel zu schützen, verabschiedete die Kammerversammlung zudem eine Resolution.
Laura Rudolph
12.06.2025  14:00 Uhr

Am 11. Juni versammelten sich knapp 100 Delegierte der Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) in Neuss. »Es ist die erste Kammerversammlung, die ich als Präsident der Bundesapothekerkammer eröffnen darf«, freute sich AKNR- und neuer BAK-Präsident Armin Hoffmann. Gemeinsam mit Thomas Preis, Präsident des Apothekerverbands Nordrhein (AVNR) und der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, gab er einen Überblick zur aktuellen gesundheits- und berufspolitischen Lage.

»Die ABDA, die BAK und der DAV haben sich zum Jahreswechsel neu aufgestellt«, sagte Preis. Auch die Ernennung der neuen Gesundheitsministerin Nina Warken sei die Chance auf einen Neuanfang. »Wir setzen auf einen neuen Politikstil im BMG, der wieder auf einer gleichberechtigten Kommunikation fußt. Wir werden die Politik an der Umsetzung des Koalitionsvertrags messen«, sagte der ABDA-Präsident. Jetzt läge es an den Vertretern der Apothekerschaft, Lösungen zu erarbeiten und dem BMG zu präsentieren. 

9,50 Euro können nur ein Anfang sein

»Die Erhöhung des Honorar-Fixums auf 9,50 Euro kann nur ein erster Schritt sein – aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung«, lobte Preis. Die Honorarfrage habe absolute Priorität, ebenso sei die Aufhebung des »unsäglichen« Skonti-Verbots mehr als überfällig. Auch sei der Bürokratieabbau natürlich wichtig – durch diesen solle man sich aber nicht von den prioritär wichtigen Forderungen ablenken lassen. »Bürokratieabbau zahlt keine Gehälter und sorgt auch nicht dafür, dass Apotheken wirtschaftlich arbeiten können.«

Wie Hoffmann betonte, fehlten circa drei Milliarden Euro im Apothekensystem. Durch die Fixumserhöhung auf 9,50 Euro könne jedoch nur etwa eine Milliarde Euro kompensiert werden. »Das benötigte Honorar ist nicht umsonst einmal mit 12 Euro berechnet worden«, sagte der Kammerpräsident. Das Ziel werde sein, die Lücke aufzufüllen und dass das Honorar künftig dynamisch ansteige.

In Sachen Bürokratieabbau machte Hoffmann Mut, dass hier durch Maßnahmen in der Selbstverwaltung bereits einiges erreicht werden könne. »Was ich von der BAK-Seite aus sagen kann: Wir werden viele Richt- und Leitlinien auf ihre Machbarkeit hin prüfen, und uns nicht selbst noch ein engeres Korsett schnüren.« Dies werde nicht zulasten der Qualität in den Apotheken gehen, aber die Vorgaben sollen an die aktuellen Notwendigkeiten angepasst werden.

Vor-Ort-Apotheken als erste Anlaufstelle 

Mit Blick auf den demografischen Wandel werde die Gesundheitsfürsorge immer wichtiger, gleichzeitig sinke die Zahl der Hausarztpraxen stetig, wie aktuell auch eine Auswertung der Bertelsmann-Stiftung zeigt. »Schon jetzt sind 5000 Sitze für Hausarztpraxen nicht besetzt. Die Bertelsmann-Stiftung sagt voraus, dass sich die Zahl in den nächsten fünf Jahren Zahl verdoppeln wird«, sagte Preis. Doch wie solle man das Gesundheitssystem wirtschaftlich stabilisieren? Sowohl Beitragserhöhungen als auch Leistungskürzungen wolle niemand. Das Stichwort sei Effizienzsteigerung. Und hier kämen auch die Apotheken vor Ort ins Spiel.

»Wir stehen gerade an einem Wendepunkt«, betonte Hoffmann. »Die Apotheken, die in die Zukunft gehen, werden digitaler und interprofessioneller werden, und zukünftig noch viel mehr Dienstleistungen anbieten.« Nach dem Konzept »Pharmacy first« müsse man nicht mit jeder Erkrankung gleich beim Arzt vorstellig werden, sondern die Vor-Ort-Apotheke könne hier in einigen Fällen als erste Anlaufstelle im Gesundheitswesen dienen. 

Mehr Verantwortung an die Apotheken zu übertragen, beispielsweise durch weitere Impfungen und neue Dienstleistungen, könne die Effizienz im Gesundheitssystem erheblich steigern. »Aber das muss auch entsprechend honoriert werden«, betonte Hoffmann. Durch solche Leistungen hebe man sich auch vom Versandhandel ab.

Kritik am Versandhandel

»Etwa ein Viertel des Umsatzes mit rezeptfreien Arzneimitteln läuft mittlerweile über den ausländischen Ver-sandhandel«, kritisierte Preis. Mit seiner »Rosinenpickerei« zerstöre der Versandhandel die Grundlage für die geordnete Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln systematisch. Delegierte kritisierten, dass Medikamente online noch unter dem Netto-Einkaufspreis der Apotheken in Deutschland angeboten werden. »Stimmt, aber die schreiben ja auch seit 20 Jahren rote Zahlen«, entgegnete der ABDA-Präsident. Während Inhaber öffentlicher Apotheken eingetragene Kaufleute sind, werde bei den ausländischen Versendern Fremd- und Risikokapital eingesammelt und »auf das schnelle Geld spekuliert«.

»Wir müssen die Apotheke vor Ort weiterentwickeln«, betonte Hoffmann. Das Zukunftspapier der ABDA weise den Weg: schnellere Arzneimittelversorgung, mehr Präventionsangebote, mehr Unterstützung für eine sichere Therapie, mehr Verantwortung und neue Dienstleistungen für die Apotheken – das ist der richtige Weg. Nun brauche es den Willen in der Politik, diesen richtigen Weg auch einzuschlagen.

Resolution verabschiedet

Im Rahmen der Kammerversammlung referierte außerdem Dr. Bettina Mecking, Justiziarin und Geschäftsführerin der AKNR, umfassend zu den juristischen Verfahren, die die Kammer führt. Regelmäßig geht sie gegen ausländische Versender vor, die sich nicht an die Regeln halten, sowie gegen neuartige Plattformen, die den direkten Kontakt zwischen Patienten und Arzt überflüssig machen und verschreibungspflichtige Lifestyle-Medikamente per Fragebogen zur Verfügung stellen. Die Indikationen dieser »All-inclusive-Plattformen« zögen sich über viele Bereiche, von der Antibabypille, über Abnehmspritzen und Cannabis bis hin zu Potenzmitteln.

Die Delegierten verabschiedeten eine »Resolution zur Stärkung des Verbraucherschutzes und der Arzneimittelsicherheit im digitalen Gesundheitswesen«, die der Politik konkrete Maßnahmen vorschlägt, um gegen solche Missstände vorzugehen.

Die Kammerversammlung sieht im Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln die wirksamste Maßnahme zur Sicherung des Patientenschutzes. Ein solches Verbot sei europarechtskonform und entspreche der Praxis in den meisten EU-Mitgliedstaaten. Sollte der Gesetzgeber dieses nicht umsetzen, hält die Kammerversammlung es für notwendig, durch ergänzende Maßnahmen dennoch einen hohen Patientenschutz sicherzustellen.

Wichtig: »Diese Maßnahmen stellen keine Abschwächung der Forderung nach einem Versandhandelsverbot dar, sondern sind als flankierende Regelungen auch im Falle seiner Einführung sinnvoll und notwendig.«

Zu den Forderungen zählen:

  • Die Belieferung von Verschreibungen, die offenkundig nur auf der Grundlage eines Fragebogens basieren, soll verboten werden.
  • Der § 17 Abs. 2 b der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) soll um weitere Wirkstoffe oder Wirkstoffgruppen beziehungsweise Indikationen erweitert werden, die nicht durch den Versandhandel beliefert werden dürfen. Auch muss sichergestellt werden, dass sich auch die ausländischen Versandapotheken daran halten.
  • Ordnungswidrigkeiten des § 15 Heilmittelwerbegesetz (HWG) sollen zu Strafvorschriften hochgestuft werden.
  • Die Bundesnetzagentur soll ermächtigt werden, rechtswidrige Plattformen im Gesundheitswesen abzuschalten.
  • Es soll eine Registrierungspflicht für Plattformen geben, die gesundheitsbezogene Dienstleistungen vermitteln.

Ehrennadeln und Ehrengabe überreicht

Schließlich wurden für besondere pharmazeutische Leistungen und großes Engagement für die AKNR auch mehrere Apothekerinnen und Apotheker geehrt. Der Kammerpräsident überreichte Carmen Herbst und Peter Lamberti jeweils die Ehrennadel in Bronze, Heinrich Nießen und Thomas Vogel die Ehrennadel in Silber und Bernd Peter Dewald, Dr. Andrea Malcher sowie Richard Moesgen die Ehrennadel in Gold. Außerdem erhielt der Apotheker Ekkehard Hoch für sein langjähriges und umfangreiches Wirken zum Wohle der nordrheinischen Apothekerschaft die Ehrengabe.

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