Pharmabranche als Wirtschaftsmotor |
Melanie Höhn |
03.03.2025 15:10 Uhr |
Die deutsche Pharmaindustrie könne laut »Spiegel« zu einem wichtigen Wachstumsmotor für die Wirtschaft des Landes werden. / © imago images/McPHOTO
Im Gegensatz zu Unternehmen wie Miele oder Stihl, die erwägen, Teile ihrer Produktion ins Ausland zu verlagern, wachse die Pharmaindustrie in Deutschland weiter, schreibt das Magazin »Der Spiegel«. Roche investiere aktuell erheblich, ebenso wie der Impfstoffhersteller Biontech und der französische Konzern Sanofi. Insgesamt hätten nationale und internationale Unternehmen seit 2023 mehr als sieben Milliarden Euro in den Pharmastandort Deutschland investiert.
In Bezug auf die Bruttowertschöpfung pro Beschäftigtem übertreffe die Pharmaindustrie deutlich die Auto-, Chemie- und Elektroindustrie. Auch wenn die Pharmawirtschaft im Vergleich zur Auto- oder Elektroindustrie in Deutschland eine kleinere Rolle spiele, wachse sie stetig. Während die Zahl der Arbeitsplätze in der Autoindustrie seit 2019 rückläufig ist, verzeichne die Pharmaindustrie einen Anstieg von mehr als zehn Prozent auf mittlerweile 130.000 Arbeitsplätze.
Zudem gehöre die Branche zu den produktivsten des Landes und wird immer bedeutender. Unter den 40 größten börsennotierten deutschen Unternehmen befänden sich sieben aus dem Gesundheitssektor. Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) setzte die Pharmaindustrie 2023 in Deutschland 60 Milliarden Euro um.
Zudem würden sich Pharmamanager trotz der negativen Stimmung in anderen Wirtschaftsbereichen wenig Sorgen machen. Die Branche wachse oft unabhängig von der allgemeinen Wirtschaftslage, da Menschen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auf Medikamente angewiesen seien. Zudem würden die Preise für Medikamente und Infusionen langfristig mit den gesetzlichen Krankenkassen ausgehandelt, was die Branche als krisenfest erscheinen lässt – insbesondere angesichts der steigenden Zahl älterer Menschen, die vermehrt medizinische Behandlungen benötigen.
Ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Pharmaindustrie in Deutschland ist laut der »Spiegel«-Autoren das erstattungsfreundliche Gesundheitssystem: »Dauert es in Frankreich im Schnitt mehr als 400 Tage, bis ein neues Medikament für Kassenpatienten verfügbar ist, sind es hierzulande kaum mehr als 40. Für die Hersteller ist das lukrativ«.
Diese Entwicklungen könnten die Versicherten teuer zu stehen kommen, da Arzneimittel bereits zu den größten Kostentreibern im Gesundheitssystem zählen, argumentieren die Autoren. Die AOK weise darauf hin, dass sich die Nettokosten für patentgeschützte Medikamente zwischen 2013 und 2023 mehr als verdoppelt hätten. Der Zusatzbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung ist deshalb um durchschnittlich 0,8 Prozentpunkte gestiegen, und es wird bereits über weitere Erhöhungen diskutiert. Die Versicherten zahlen also einen Teil des Preises für den Boom der Branche. Dennoch würden Ökonominnen und Ökonomen argumentieren, dass der Wachstumseffekt auf die Gesamtwirtschaft positiv ist. Die politisch geförderte Pharmabranche habe durch ihre Neuinvestitionen positive Auswirkungen auf andere Sektoren wie Chemie, Maschinenbau oder Zulieferer für die Pharmaindustrie. Im besten Fall führe dies zu einem »positiven Ansiedlungseffekt«, der sich selbst verstärke.