Die Kommunalabwasserrichtlinie (KARL) sieht eine vierte Klärstufe zur Entfernung von Mikroschadstoffen vor. Die Pharma- und Kosmetikhersteller sollen sich zu mindestens 80 Prozent an den Kosten beteiligen. / © Adobe Stock/Kletr
Die Verbände Pro Generika und Pharma Deutschland sowie die Unternehmen Teva Pharmaceuticals, Sandoz/Hexal, Zentiva, PUREN Pharma, hameln pharma und die Dermapharm AG kritisieren die geplante Kommunalabwasserrichtlinie in ihrer vorliegenden Form. Sie warnen davor, dass zusätzliche Kostenlasten für die pharmazeutische Industrie, insbesondere im Bereich der Generika, zu einem Rückgang des Angebots wichtiger Arzneimittel führen könnten.
In dem Brief an Merz und von der Leyen bezweifeln die Unternehmen und Verbände zudem, dass die Kosmetik- und Pharmaindustrie für 92 Prozent der Mikroschadstoffe im Abwasser verantwortlich sind. Außerdem argumentieren sie, dass die angedachte »Erweiterte Herstellerverantwortung« im Markt für Pharmazeutika nicht funktioniere, da sich Substanzen nicht austauschen ließen, ohne die Wirkung zu beeinflussen.
»Aufgrund bestehender gesetzlicher Rahmenbedingungen lassen sich höhere Kosten in der Wertschöpfungskette kaum auffangen«, heißt es in der Pressemitteilung. Bereits heute würden Unternehmen Produkte, die sich nicht mehr rentabel herstellen ließen, vom Markt nehmen. »Sollten weitere Belastungen aus der Umsetzung der europäischen Kommunalabwasserrichtlinie hinzukommen, drohen gravierende Versorgungsengpässe bei essenziellen Human-Arzneimitteln, mit direkten Folgen für die Gesundheitssysteme und die Patientenversorgung.«
Dorothee Brakmann, Hauptgeschäftsführerin von Pharma Deutschland erklärt: »Eine verantwortungsvolle und evidenzbasierte Regulierung liegt im Interesse aller, für eine stabile Arzneimittelversorgung und zum Schutz der Wasserressourcen in Deutschland und Europa.« Deshalb seien jetzt Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gefordert, gemeinsam an nachhaltigen Lösungen zu arbeiten.
»Sauberes Wasser ist wichtig, aber nicht um den Preis einer sicheren Arzneimittelversorgung«, sagt Bork Bretthauer, Hauptgeschäftsführer von Pro Generika. »Die Politik muss dringend eine alternative Finanzierung finden, zum Beispiel über allgemeine Abwassergebühren, damit Umwelt- und Gesundheitsziele nicht gegeneinander ausgespielt werden.«
Die Kommunalabwasserrichtlinie sieht eine vierte Klärstufe zur Entfernung von Mikroschadstoffen vor. Die Pharma- und Kosmetikhersteller sollen sich gemäß dem Verursacherprinzip zu mindestens 80 Prozent an den Kosten der neuen Klärstufe beteiligen. Der Widerstand der Pharmaunternehmen gegen die geänderte Richtlinie ist bereits seit Monaten groß. Pharma Deutschland hatte zuletzt im Sommer eine Analyse zur Kostenprognose der Kommunalabwasserrichtlinie veröffentlicht. Demnach fehle in Deutschland eine verlässliche Kostenschätzung.
Für das Umweltbundesamt, die zentrale deutsche Umweltbehörde, und die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) hingegen ist die vierte Klärstufe ein Meilenstein für den Gewässerschutz. »Sie dient der gezielten Entfernung beziehungsweise Reduzierung von Spurenstoffen, die mit bisherigen Verfahren nicht ausreichend abgebaut werden, und verbessert die Gewässerqualität nachhaltig«, heißt es auf der Website des Umweltbundesamtes.