Bei Antibiotika ist weniger oft mehr |
10.02.2003 00:00 Uhr |
Einst als Wunderwaffe gegen Infektionen gehandelt, hat der großzügige Einsatz von Antibiotika mittlerweile viele Erreger resistent werden lassen. Eine gemeinsame Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WidO) und des Universitätsklinikums Freiburg, die kürzlich in Berlin vorgestellt wurde, hat die Antibiotikaverordnungen in Deutschland analysiert und will Wege für den gezielteren Einsatz weisen.
„Deutschland befindet sich bei der Antibiotikaresistenz an der Schwelle zu einer echten Problemsituation“, sagt Professor Dr. Winfried V. Kern, Leiter der Freiburger Infektiologie und Mitautor der Studie. Problematisch sei die Entwicklung insbesondere bei Oxacillin-resistenten Staphylokokken, Penicillin-resistenten Pneumokokken sowie multiresistenten Salmonellen und Tuberkelbakterien, die oft aus dem Ausland eingeschleppt würden. Sorge bereitet dem Experten auch der vermehrte ungezielte Einsatz von Reserveantibiotika, der die Entstehung neuer Resistenzen fördert. „Die einzige Lösung ist ein sparsamer und intelligenter Antibiotikagebrauch“, sagt Kern.
Obwohl Deutschland im europäischen Vergleich einen relativ niedrigen
Verbrauch aufweist, werden Antibiotika oft nicht indikationsgerecht
verordnet. „Untersuchungen zeigen, dass bei 80 Prozent der Erkältungen
Antibiotika eingesetzt werden, obwohl Viren die Auslöser sind“, sagt Helmut
Schröder, Forschungsbereichsleiter des WidO. Als Konsequenz forderte er die
Erarbeitung eines Resistenzatlasses, um regionale Resistenzraten zu
ermitteln. Nur so könnten Erkenntnisse über die Entwicklung und Verbreitung
von Resistenzen gewonnen und über die Leitlinien zur Antibiotikabehandlung
an die Ärzte weitergegeben werden.
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