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Den Rückfall verhindern

15.04.2002  00:00 Uhr

PHARMAZIE

Sucht

Den Rückfall verhindern

von Stephanie Czajka, Berlin

Verschiedene Neurotransmitter spielen bei der Alkoholsucht eine Rolle. Daher gibt es auch eine Reihe von Medikamenten, die während oder nach der Entzugsbehandlung zur Prophylaxe von Rückfällen eingesetzt werden. Neue Studien zu Acamprosat, Naltrexon und anderen Arzneimitteln wurden vergangene Woche auf einer Tagung der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie (DG Sucht) in Berlin vorgestellt.

Acamprosat wird seit Jahren zur Rückfallprophylaxe bei Alkoholkranken eingesetzt. Der Glutamat-Antagonist vermindert die neuronale Erregbarkeit. Naltrexon ist in Deutschland bisher nur zur Behandlung von Opiatabhängigen zugelassen. Studien weisen aber darauf hin, dass der Opiat-Rezeptor-Antagonist auch bei Alkoholikern wirkt. Dr. Falk Kiefer, Universitätsklinik Hamburg, stellte in Berlin eine Studie vor, in der erstmals die Wirkungen beider Substanzen direkt verglichen wurden. Für die Studie rekrutierte er 160 Alkoholkranke während der Entzugsbehandlung und verabreichte ihnen zwölf Wochen lang täglich 50 mg Naltrexon, knapp 2 g Acamprosat, eine Kombination beider Stoffe oder Placebo.

Die Kombinationstherapie wirkte am besten. 65 Prozent der Patienten hatten keinen schweren Rückfall. Unter Naltrexon waren es 55, unter Acamprosat 42 und unter Placebo 25 Prozent. Signifikant waren die Unterschiede allerdings nur zwischen der Kombination und Acamprosat, sowie zwischen den Verumgruppen und Placebo. Acamprosat und Naltrexon unterschieden sich nicht signifikant voneinander. Der Einfluss der Medikationen auf die Zeit bis zur ersten Alkoholaufnahme war ähnlich. Das subjektive Verlangen (Craving) nach Alkohol wurde nur durch die Kombination signifikant vermindert.

Nicht bestätigt wurde die Theorie, dass Naltrexon eher bei den Alkoholikern wirkt, die eine positive Wirkung erwarten (Reward-Craver), Acamprosat eher bei denen, die negative Effekte abwehren wollen (Relief-Craver). Kiefer betonte, das die Differenzierung verschiedener Typen von Alkoholikern zunehmend beachtet werden müsse, um abzuschätzen, bei wem welches Medikament am besten wirkt.

Galantamin für süchtige Ratten

Galantamin, Inhaltsstoff der Schneeglöckchen, verstärkt die Wirkung von Acetylcholin durch Wirkung am Rezeptor und Hemmung der Acetylcholinesterase. Es wird gegen Alzheimer eingesetzt, zeigte aber auch Wirkung auf die Alkoholaufnahme süchtiger Ratten. Dr. Bernhard Croissant vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim stellte eine klinische Studie an rund 150 Patienten vor. Untersucht wurde die Wirkung eines Galantamin-Pflasters (25 mg in 24 Stunden). Die Menge des getrunkenen Alkohols nahm unter Galantamin insgesamt deutlich ab. Die Zeit bis zum ersten schweren Rückfall war jedoch nicht länger als unter Placebo.

Ebenfalls auf ein Medikament gegen Alzheimer geht die Entwicklung von Nerimexane zurück. Die Substanz ähnelt dem NMDA-Rezeptor-Antagonisten Memantine. Auch Memantine unterdrückt das Verlangen nach Alkohol, wird aber zur Zeit aus firmenpolitischen Gründen nicht weiter für diese Indikation untersucht. Wie Dr. Gerhard Wiesbeck, Universitätsklinik Würzburg, berichtete, wurde eine Phase-II-Studie mit Nerimexane an über 200 Alkohol-abhängigen Patienten begonnen. Untersucht wird die Wirkung auf die kontinuierliche Abstinenzrate über drei Monate.

Gamma-Hydroxy-Buttersäure (GHB) ist eine altbekannte Substanz, die dopamin-agonistisch wirkt. Ist die Bindung am Dopamin-Rezeptor herabgesetzt, kann dies ein Anzeichen für einen schnellen Rückfall sein. Da GHB nicht GABAerg wirkt, werden die kognitiven Fähigkeiten nicht beeinträchtigt, sagte Professor Dr. Otto Lesch von der Universitätsklinik Wien. Eine Studie zur Rückfallprophylaxe ist noch nicht abgeschlossen. Erste Hinweise zeigen, dass eine Dosis von 50 mg pro kg Körpergewicht Entzugssymptome mindern kann. Sprechen die Patienten auf die Therapie nicht an, benötigen sie Benzodiazepine. Auch Lesch wies darauf hin, dass Medikamente stärker Typen-differenziert eingesetzt werden sollten. Lesch hat bis zu 3000 Patienten auf die Therapie mit GHB eingestellt. Top

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