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Glucocorticoide 50 Jahre im Einsatz

24.01.2000  00:00 Uhr

- Pharmazie Govi-Verlag

Glucocorticoide 50 Jahre im Einsatz

von Hartmut Morck, Davos

Rund 50 Jahre sind die Glucocorticoide wichtige Arzneimittel in der Rheumatherapie. Erst in den letzten Jahren wurde der Wirkungsmechanismus auf der molekularen Ebene aufgeklärt. Professor Dr. Dieter Steinhilber vom Institut für Pharmazeutische Chemie in Frankfurt stellte ihn in Davos vor.

Nachdem 1936 Cortison und 1937 Cortisol entdeckt wurden, fand die erste erfolgreiche therapeutische Anwendung der Glucocorticoide bei Rheuma 1948 statt. 1955 wurde Prednisolon als erstes Glucocorticoidrezeptor-spezifisches Analogon synthetisiert. Die Hoffnung durch Veränderungen der Corticoid-Struktur die Pharmakodynamik so zu verändern, dass bei systemischer Anwendung unter Erhalt der therapeutischen Effekte die unerwünschten Wirkungen reduziert werden, habe sich nicht erfüllt, so Steinhilber. Die Glucocorticoidwirkung beruhe auf einem einzigen Rezeptor. Wirkung und Nebenwirkung seien deshalb unmittelbar miteinander verknüpft.

Therapeutisch genutzt werden bei den Glucocorticoiden in erste Linie die immunsuppressiven und antiinflammatorischen Eigenschaften bei Rheuma, Asthma, akuten Schüben der Multiplen Sklerose, Autoimmunerkrankungen wie Psoriasis und Morbus Crohn, Dermatitiden und bei Allergien. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Gewichtszunahme, Cushing Syndrom, Hauteinblutungen und Hautatrophie, psychische Verstimmungen, Blutzuckerentgleisungen , Osteoporose. Bluthochdruck, Glaukom und Katarakt.

Der Schlüssel für den Wirkungsmechanismus der Glucocorticoide liege auf der Ebene der Genreagulation, so der Referent. Glucocorticoide binden, nachdem sie in die Zelle gelangt sind, an den cytosolischen Glucocorticoidrezeptor. Nach der Bindung transloziert der Rezeptor vom Cytosol in den Zellkern und bindet an spezifische DNA-Sequenzen, die als Responselemente bezeichnet werden. Sie befinden sich in zahlreichen DNA-Abschnitten, den sogenannten Promotoren, die die Expression von entzündungsrelevanten Genen steuern.

Durch die Corticoide wird die Expression gehemmt. Neben dieser direkten Regulation wird noch eine indirekte Regulation beschrieben, die über die Beeinflussung des Transkriptionsfaktors NFkB beschrieben wird. Diese genomischen Effekte führen zur Senkung der Spiegel von Zytokinen, Enzymen, wie der COX2, oder der Adhäsionsmoleküle. Dadurch kann der entzündungshemmende und der immunsupprimierende Effekt erklärt werden.

Mit hohen Dosen erreicht man die nichtgenomischen Effekte, die eventuell über eine Membranstabilisierung laufen und bei akuten allergischen Reaktionen ausgenutzt werden. Top

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