Pharmazie
Amphotericin B gilt aufgrund seines breiten antimykotischen Spektrums
als Mittel der Wahl zur Behandlung lebensbedrohlicher Mykosen bei
neutropenischen Patienten. Es wird normalerweise intravenös als kolloidale
Suspension mit dem Detergens Natriumdeoxycholat in fünfprozentiger
Glucoselösung appliziert. Häufige unerwünschte Wirkung von Amphotericin
B sind die Nierentoxizität, ein Kaliumverlust sowie Fieber und Schüttelfrost.
Schon zahlreiche Wissenschaftler versuchten, insbesondere die renale Toxizität
abzumildern beziehungsweise zu vermeiden. Liposomale Zubereitungen des
Wirkstoffs werden besser vertragen, sind jedoch wesentlich teuerer als
herkömmliches Amphotericin B-Deoxycholat. Eine Alternative hierzu könnten die
preiswerteren, nichtliposomalen Lipidemulsionen sein, bei denen gleichfalls eine
Reduktion der toxischen Effekte von Amphotericin in-vitro und in-vivo beschrieben
wurden. Dabei gilt Intralipid®, eine Lösung aus Sojabohnenöl, Phosphatidylcholin,
Glycerol und Wasser, als die am häufigsten eingesetzte Trägerlösung. In einer
prospektiven, randomisierten Phase-II-Studie an deutschen Universitätskliniken
wurden Sicherheit und Toxizität von Amphotericin in 5prozentiger Glucoselösung mit
der in 20prozentiger Intralipid®-Lösung bei neutropenischen Krebspatienten mit
Pneumonie oder Fieber unbekannter Herkunft untersucht.
Hierbei erhielten insgesamt 51 neutropenische Patienten (35 mit Leukämie, 11 mit
Lymphomen sowie 5 mit soliden Tumoren), die entweder an ansonsten
therapierefraktärem Fieber unbekannter Herkunft (24 Patienten) oder Pneumonien
(27 Patienten) litten, für acht Tage und anschließend jeden zweiten Tag täglich 0,75
mg/kg KG Amphotericin B in 250 ml einer 5prozentigen Glucose-Lösung oder eine
Mischung mit 250 ml Intralipid® als Infusion über ein bis vier Stunden.
Beurteilungskriterien der Studie waren der Behandlungerfolg, die subjektive
Verträglichkeit sowie die objektive Toxizität nach Kriterien des National Cancer
Institute.
In beiden Studienarmen war die Verteilung der Patienten nach Alter, Geschlecht,
zugrundeliegender Tumorerkrankung, Nieren- und Leberfunktion sowie die
Vorbehandlung mit Antibiotika oder nephrotoxischen Arzneistoffen ähnlich. Es
ließen sich keine statistisch signifikanten oder klinisch relevanten Unterschiede
zwischen den Behandlungsgruppen für folgende Parameter zeigen: tägliche oder
kumulative Dosis von Amphotericin B, Dauer der Therapie mit Amphotericin B,
Häufigkeit und Zeitpunkt von Dosismodifikationen oder toxizitätsbedingte
Veränderungen der Infusionsdauer. Auch in Hinblick auf eine erforderliche
Zusatzmedikation, auf die Nierenfunktion, subjektive Verträglichkeit,
Toxizitätssymptome, den Verlauf der Infektion sowie die Häufigkeit von
Therapieversagern unterschieden sich beide Gruppen nicht. Die Patienten unter der
Amphotericin B/Lipid-Therapie erhielten weniger Diuretika, wiesen jedoch mehr
periphere Ödeme auf und benötigten in geringerem Ausmaß eine
Kalium-Supplementation. Auffällig war, daß in der Intralipid®-Gruppe die Zahl der
akuten Atemwegsprobleme (akute Dyspnoe, Husten, Pleuritis, akutes
respiratorisches Atemnotsyndrom et cetera) signifikant zunahm (p<0,05).
Die Wissenschaftler schlußfolgern, daß die Gabe von Amphotericin B in einer
Fettemulsion gegenüber der empfohlenen Applikation in Glucose keinerlei Vorteile
bezüglich der renalen Toxizität und sonstiger Nebenwirkungen bietet, aber zu einer
signifikanten Erhöhung von Atemwegsproblemen führt. Als möglicher Grund hierfür
kommt eine Überladung mit Fetten oder eine Unverträglichkeit zwischen
Amphotericin B und Intralipid® in Frage. Die Autoren folgern, daß Intralipid® nicht
mit Amphotericin B gemischt werden sollte, da gehäuft schwere Nebenwirkungen
auftreten und momentan die vor der Applikation angefertigten Mischungen beider
Stoffe physikochemisch nicht untersucht sind und als unsicher anzusehen sind.
Quelle: Schöffski, P., et al., BMJ 317 (1998)S.379-384.
PZ-Artikel von Wolfgang Kämmerer, Wiesbaden
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