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Auch bei Lifestyle-Präparaten ist Beratung nötig

Datum 14.06.1999  00:00 Uhr

- Pharmazie Govi-Verlag PHARMACON MERAN

Auch bei Lifestyle-Präparaten
ist Beratung nötig

Seit Viagra ist der Begriff "Lifestyle-Präparat" in den Medien allgegenwärtig. Doch dieser Ausdruck verniedlicht die Situation betroffener Menschen und den Einsatz von Arzneimitteln. Von den vier Arzneistoffen Sibutramin, Orlistat, Finasterid und Sildenafil wollte Professor Dr. Hasso Scholz vom Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie in Hamburg allenfalls die beiden Anti-Adipositas-Medikamente in diese Rubrik einordnen.

Sibutramin und Orlistat, zwei strukturell völlig verschiedene Stoffe mit unterschiedlichem Wirkmechanismus, sind zugelassen bei adipösen Patienten ab einem Körpermasseindex (BMI) von 30 - immer in Verbindung mit hypokalorischer Kost.

Sibutramin (Reductil®) hemmt die Rücknahme von Monoaminen in die präsynaptische Membran und erhöht damit deren Konzentration im synaptischen Spalt. Serotonin steigert das Sättigungsfühl; Noradrenalin erhöht über eine Stimulation von beta3-Rezeptoren den Grundumsatz. Mit Reduktionsdiät plus Sibutramin 10 mg täglich läßt sich das Gewicht in einem Jahr um etwa 15 Prozent reduzieren. Bei den unerwünschten Effekten fallen Atropin-artige Nebenwirkungen auf, zum Beispiel Mundtrockenheit, Miktionsstörungen, Obstipation oder Tachykardie. Hinweise auf Toleranzentwicklung, pulmonale Hypertonie, Neurotoxizität oder Herzklappenschäden wurden bislang nicht beobachtet, doch für eine endgültige Bewertung sind längerfristige Studien nötig.

Das im letzten Jahr eingeführte Orlistat (Xenical®) hemmt die Fettverdauung und -resorption, da es lokal im Darm die Pankreaslipase blockiert. Damit nimmt nicht nur der Adipöse ab - etwa im gleichen Maß wie unter Sibutramin -, es sinkt auch LDL- und Gesamtcholesterol, Blutzucker und mitunter die Spiegel der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K. Da der Stoff praktisch nicht metabolisiert wird, entstehen keine systemischen Nebenwirkungen; die lokalen können allerdings beschwerlich sein. Unresorbiertes Fett führt zu gastrointestinalen Schmerzen, weichem Stuhl und Fettstühlen. Diese könnten den Patienten motivieren, weniger fettreich zu essen, vermutet Scholz.

Haare bleiben - Potenz sinkt: Ist das der Effekt von Finasterid, das als Proscar® seit einigen Jahren bei gutartiger Prostatavergrößerung eingesetzt wird und jetzt als Propecia® bei androgenetisch bedingtem Haarausfall zugelassen wurde? Nein, beruhigte Scholz; Potenzstörungen und Brustkrebsrisiko liegen auf Placeboniveau. Finasterid hemmt die Umwandlung von Testosteron in Dihydrotestosteron via Enzymblockade (5alpha-Reductase-Hemmer).

Aus den Effekten von DHT erklären sich Indikation und Risiken des Medikaments. DHT vermittelt im Uterus die äußerliche Virilisierung eines männlichen Feten; postpubertär fördert es das Wachstum der Prostata, von Bart-, Axillar- und Genitalhaaren und sorgt für den Rückgang der Kopfbehaarung an Stirn und Hinterkopf sowie für das Auftreten von Akne. Unter Therapie mit 1 mg Finasterid pro Tag nehmen bei zwei Drittel der Männer Anzahl und Dichte der Haare zu, sofern die Haarwurzeln noch nicht verkümmert sind. Für schwangere Frauen ist Finasterid wegen der Fehlbildungsgefahr für den Feten kontraindiziert. Das Fazit: Mit Finasterid kann man nicht viel falsch machen.

Differenzierter ist Sildenafil zu betrachten, das als Viagra® Furore macht. Scholz stuft Sildenafil als Therapiefortschritt bei erektiler Dysfunktion ein; erstmals ist der Erfolg einer peroralen Maßnahme belegt. Deutlich wies er auf den Beratungsbedarf hin, sowohl hinsichtlich Arzneitherapien, die eine erektile Dysfunktion auslösen können, als auch der Wirkungen und Nebenwirkungen der blauen Raute.

Sildenafil hemmt die Phosphodiesterase (PDE) Typ 5, die vor allem im Corpus cavernosum vorkommt. Dadurch wird der Abbau von cGMP gebremst, das wiederum unter Einfluß eines sexuellen Reizes - vermittelt durch NO - gebildet wird. cGMP läßt die glatte Muskulatur und die arteriellen Gefäße im Penis erschlaffen; dadurch kann Blut einströmen, der venöse Abfluß allerdings behindert. Dadurch kommt es zur Erektion. Sildenafil ist an anderen PDE-Isoenzymen deutlich weniger wirksam, am Herzen (PDE-1) etwa 100mal, an der PDE-6 der Retina aber nur 13mal. Das erklärt unerwünschte Wirkungen am Auge wie Blauschleier oder verschwommenes Sehen.

Viel gefährlicher ist ein möglicher starker Blutdruckabfall bei Männern, die NO-Donatoren (Nitrate, Molsidomin, eventuell Nevibolol) oder Calciumantagonisten einnehmen. Auch bei Risikofaktoren wie ausgeprägter Angina pectoris oder schwerer Herzinsuffizienz ist die Pille kontraindiziert, da die ungewohnte körperliche Aktivität einen Herzinfarkt auslösen könnte. Wichtig: Dosis halbieren bei Einnahme von Stoffen, die das abbauende Enzym CYP3A4 hemmen, also Cimetidin, Erythromycin, Itraconazol, Ketoconazol, Lovastatin, Nefazodon oder Gemfibrocil. Top

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