Pharmazie
Trotz enormer Fortschritte in Medizin und Pharmazie sind auch heute
zahlreiche Krankheiten noch nicht oder nicht gut behandelbar. Dennoch
haben Arzneimittel die Gesundheit der Menschen entscheidend beeinflußt.
Sie tragen bei zu Vorbeugung, Heilung und Diagnose von Krankheiten. Dies
zeigte PZ-Chefredakteur Dr. Hartmut Morck beim PTA-Forum während des
Expopharm-Kongresses anhand von vielen Beispielen.
Trotz enormer Fortschritte in Medizin und Pharmazie sind auch heute zahlreiche
Krankheiten noch nicht oder nicht gut behandelbar. Dennoch haben Arzneimittel die
Gesundheit der Menschen entscheidend beeinflußt. Sie tragen bei zu Vorbeugung,
Heilung und Diagnose von Krankheiten. Dies zeigte PZ-Chefredakteur Dr. Hartmut
Morck beim PTA-Forum während des Expopharm-Kongresses anhand von vielen
Beispielen.
In seinem Vortrag »Arzneimittel als Chance für die Entwicklung der Gesellschaft«
berief er sich unter anderem auf eine Studie der Boston Consulting Group, die diese
im Auftrag des Verbandes der Forschenden Arzneimittelhersteller (VFA) erstellt hat.
Die Bürger werden älter, und das Spektrum der Krankheiten, an denen sie sterben,
hat sich gewandelt. 1920 starb knapp ein Drittel der Menschen an
Infektionskrankheiten; in der Statistik von 1993 tauchen diese nur noch unter
»Sonstige« auf. Fast die Hälfte der Todesfälle wird jetzt durch
Herz-Kreislauf-Krankheiten ausgelöst, ein Viertel durch Tumoren.
Der entscheidende Schritt bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten gelang mit
der Entwicklung von Impfstoffen, Antibiotika und Chemotherapeutika. So sank die
Sterblichkeit an Diphtherie seit Einführung der Impfpflicht 1961 in der DDR
kontinuierlich bis fast auf Null. Sulfonamide kamen 1935 auf den Markt, Penicilline
1939, weitere Antibiotika folgten. Die Mortalität an Infektionskrankheiten ging
drastisch zurück (1951 bis 1992): Lungenentzündung minus 56 Prozent, bakterielle
Hirnhautentzündung, Tuberkulose und Gonorrhoe jeweils minus 92 Prozent und
Syphilis minus 81 Prozent.
Erfolge im Kampf gegen nicht-infektiöse Krankheiten
Aber auch nicht-infektiöse Krankheiten konnten erfolgreich bekämpft werden, zeigte
Morck. Die Mortalität von Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren nahm von
1966 bis 1992 um 48 Prozent ab. Magengeschwüre sind dank
Histamin-H2-Blockern und Protonenpumpenhemmern meistens heilbar und vielleicht
schon bald vermeidbar. Einen weiteren Fortschritt bringt die Eradikation des
Helicobacter pylori durch eine Dreifachtherapie.
Innerhalb von vier Wochen können mit H2-Blockern 58 Prozent und
Protonenpumpenhemmern 87 Prozent der Magengeschwüre geheilt werden. Beim
Zwölffingerdarmgeschwür erreicht man Heilungsraten von 83 beziehungsweise 97
Prozent, bei der Refluxösophagitis von 52 oder 69 Prozent. Aufgrund der
Überlegenheit der Protonenpumpenhemmer sieht Morck den Einsatz von
H2-Blockern nur noch bei Duodenalulcera als gerechtfertigt an. Die H2-Blocker
sparen jährlich 170 Millionen DM, wenn man den Mehraufwand bei den
Arzneikosten mit den Einsparungen bei der stationären und ambulanten Therapie
verrechnet.
Auch die Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Krankheiten ist gesunken: Herzinfarkt
minus 16 Prozent, Arteriosklerose minus 58 Prozent. Dies ist das Verdienst von
Fibrinolytika und Gerinnungshemmern sowie der Lipidsenker, sagte Morck. Obwohl
es in der Onkologie bei einigen Tumoren Stichwort Leukämie deutliche
Heilerfolge gibt, wird auf diesem Gebiet intensiv weitergeforscht; ganz neue
Möglichkeiten eröffnet hier die Gentherapie.
Ein Paradigmenwechsel hat in den letzten Jahren bei der Behandlung der
HIV-Infektion und der AIDS-Erkrankung stattgefunden. 1988 kam das erste
Medikament Zidovudin auf den Markt. Inzwischen sind Stoffe verfügbar, die speziell
die viralen Enzyme Reverse Transkriptase oder HIV-Protease und damit die
Virusreplikation hemmen. Seit 1995 bevorzugt man Kombinationen von drei bis vier
Stoffen statt einer Monotherapie.
Wo geht die Reise hin?
Der Hauptansatz liegt in der Biotechnologie, sagte Morck. In Deutschland stieg die
Zahl dieser Firmen von 75 (1995) auf derzeit über 400. Als erstes deutsches
Unternehmen hat Qiagen den Sprung in die »Top-ten« der Biotechnologie-Firmen
weltweit geschafft.
Die Prognose, wann die Lösung dringender Gesundheitsprobleme gelingen könnte,
klingt eindrucksvoll: Bis 2003 soll es einen Impfstoff gegen die HIV-Infektion und
eine heilende HIV-Therapie geben. Bis 2007 soll die Ausrottung der Malaria
gelingen, eine Gentherapie bei Altersdiabetes helfen und eine Vorbeugung gegen die
Alzheimer-Krankheit verfügbar sein.
PZ-Artikel von Brigitte M. Gensthaler, München
© 1997 GOVI-Verlag
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