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Keine Ulcera, aber verzögerte Wundheilung durch COX-2-Hemmer

14.06.1999  00:00 Uhr

- Pharmazie Govi-Verlag PHARMACON MERAN

Keine Ulcera, aber verzögerte Wundheilung durch COX-2-Hemmer

Die Entdeckung der beiden Isoenzyme Cyclooxigenase-1 und -2 (COX) hat Bewegung in die Forschung zu nicht-steroidalen Antirheumatika gebracht. Können selektive COX-2-Hemmer eine magenverträgliche, aber gut wirksame Rheuma-Therapie ermöglichen? Welche unerwünschten Wirkungen löst die Enzymblockade aus? Welche Kontraindikationen und Langzeiteffekte sind zu beachten? Viele offene Fragen, die Professor Dr. Dr. Gerd Geißlinger vom Institut für Klinische Pharmakologie der Universität Frankfurt klar und umfassend erörterte.

Kurz zur Erinnerung: Cyclooxigenasen sind die Schlüsselenzyme bei der Verstoffwechselung von Arachidonsäure zu Prostaglandinen und Thromboxanen. COX-1 ist konstitutiv in fast allen Organen vorhanden; die entstehenden Prostaglandine üben physiologische Schutzfunktionen, zum Beispiel im Gastrointestinaltrakt, aus und beeinflussen die Hämostase. Anders COX-2: Sie wird bei Gewebeschädigung und Entzündung exprimiert (induzierbares Isoenzym). Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, daß auch COX-2 konstitutiv in einigen Geweben wie Rückenmark, Niere oder Uterus vorkommt und physiologische Funktionen erfüllen kann.

Bislang sind noch keine selektiven COX-2-Inhibitoren auf dem deutschen Markt. Das vor wenigen Jahren zugelassene Meloxicam zeigt nur eine "gewisse COX-2-Präferenz", die zudem bei höheren, für die antirheumatische Therapie notwendigen Dosen nicht mehr zum tragen kommt. Also "keine Innovation", stellte Geißlinger fest.

Quasi vor der Türe stehen zwei Arzneistoffe, die in allen In-vitro-Modellen bevorzugt an COX-2 binden: Celecoxib und Rofecoxib. Das neue Kürzel für die Stoffgruppe - "C2-SI" - heißt COX-2 selective inhibitors. Deren Selektivität für das Isoenzym gab Geißlinger mit 400 und 800 an. Celecoxib wurde in den USA ein voller Erfolg: In den ersten 13 Wochen nach Markteinführung wurde das Handelspräparat Celebrex 2,3 millionenmal verschrieben. Klinische Studien an Patienten mit rheumatoider Arthritis, Arthrose oder akuten Schmerzen zeigten eine gute, mit Naproxen oder anderen NSAR vergleichbare Wirksamkeit. In einer Endoskopie-Studie an gesunden Probanden, aber auch bei Osteoarthritis-Patienten lag die Rate gastrointestinaler Läsionen auf Placebo-Niveau.

Bieten COX-2-Hemmer damit den Ausweg für Patienten, die NSAR nicht vertragen? Der Referent, Arzt und Apotheker, riet zum kritischen Umgang mit neuen Wirkprinzipien. COX-2 wird auch bei der Wundheilung exprimiert und wurde am Wundgrund von Ulcera gefunden. Die Enzymhemmer könnten die Ulcusheilung verzögern und sind daher für Patienten mit bestehendem Ulcus "nicht unbedingt geeignet". Da COX-2 in den Papillen und der Macula densa der Niere konstitutiv vorliegt, sind auch renale Nebenwirkungen zu erwarten. Nach experimentellen Daten könnten die selektiven Hemmstoffe allerdings eine Option für Asthma-Patienten sein, da sie nicht die Bildung von Leukotrienen (über die Lipoxigenase) anregen.

Einen ganz neuer Ansatz liegt in der Unterdrückung der Expression von COX-2. So stellte man fest, daß das R-Enantiomere von Flurbiprofen die beiden COX-Enzyme zwar 500- bis 1000fach schwächer hemmt als sein S-Partner, aber beide gleich gut antinozizeptiv und schmerzhemmend wirken. Der Grund: R-Flurbiprofen verhindert die Aktivierung des Transkriptionsfaktor NF-kB, der seinerseits die Expression von COX-2 und iNOS (induzierbare NO-Synthetase) anregt. Auch Glucocorticoide wirken über die NF-kB-Hemmung.

Zwei wichtige Hinweise zur derzeitigen Rheuma-Therapie gab Geißlinger noch in der Diskussion: NSAR und Glucocorticoide nicht gemeinsam verabreichen, da die Inzidenz für Schäden im Gastrointestinaltrakt um den Faktor 15 ansteigt. Und: Bei rheumatischen, entzündlichen Schmerzen sind Opioide sehr gut wirksam. Er rief die Kollegen auf, die allgemeine Opioid-Phobie zu bekämpfen. Top

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