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Gemeinsam Rheumapatienten optimal betreuen

09.11.1998  00:00 Uhr

- Pharmazie

Govi-Verlag

Gemeinsam Rheumapatienten optimal betreuen

"Wir Ärzte sind zur Zusammenarbeit bereit", betonen westfälische Mediziner. Insgesamt zwanzig funktionierende Qualitätszirkel in Westfalen-Lippe beweisen: Es gibt sie schon, die gute Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern. Um die Kooperation auch weiterhin zu fördern, veranstalten beide Standesvertretungen seit 1995 gemeinsame Fortbildungen. Circa zwanzig Mediziner und fünfzig Apotheker informierten sich am 28. Oktober in Münster, wie Rheumapatienten optimal betreut werden.

Laut Arzneiverordnungs-Report wurden 1996 über 620 Millionen Tagesdosen nichtsteroidaler Antirheumatika (NSAR) verschrieben. Spitzenreiter ist nach wie vor Diclofenac. Doch nicht immer ist die Wahl des Präparates zweckmäßig, betonte Professor Dr. Marion Schaefer, Berlin. Seit einigen Jahren untersucht die Apothekerin von der Humboldt- Universität, ob und wie Patienten richtig pharmazeutisch betreut werden. Neben versehentlichen Fehlverordnungen und Computerbedienungsfehlern wählten Mediziner mitunter auch ungeeignete Präparate aus.

Die Kontraindikationen würden nicht immer beachtet oder eine unzweckmäßige Darreichungsform verschrieben. Negativ auf die Compliance wirke sich auch aus, daß auf deutschen Verordnungen meist keine Dosierungsanleitungen vermerkt werden. Die Patienten wissen oft nicht, wann sie wieviel Tabletten oder Tropfen einnehmen sollen.

Compliance gemeinsam verbessern

Der Apotheker müsse deshalb bei der Abgabe der Arzneimittel die richtige Dosierung mit seinem Patienten besprechen und diese dokumentieren, so Schaefer. Dann könne das Einnahmeverhalten auch später noch nachvollzogen werden.

Vor allem bei einem komplexen Krankheitsbild wie der chronischen Polyarthritis sollten sich Arzt und Apotheker intensiv austauschen, sagte auch Professor Dr. Eckhard Most, Vorsitzender der Akademie für ärztliche Fortbildung der Ärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe. Er unterstützte den Vorschlag Schaefers, Apotheker sollten bei der Früherkennung, der richtigen Arzneimittelwahl und Feinabstimmung der Dosierung mitwirken. Durch einen regen Informationsaustausch könnten Arzt und Apotheker viel besser bewerten, ob erfolgreich therapiert wird. "Empfindlichkeiten der Berufsgruppen untereinander dürfen dabei keine Rolle spielen", so Most.

NSAR nicht immer erste Wahl

Je früher eine chronische Polyarthritis behandelt wird, desto günstiger ist die Prognose, betonte Professor Dr. Michael Hammer, leitender Arzt am St. Josef-Stift in Sendenhorst. Gerade bei jungen Patienten könne so eventuell der progrediente Verlauf der Erkrankung gestoppt werden. Eine umfassende Behandlung müsse dabei auf sieben Säulen gestellt werden:
  • Aufklärung und Schulung
  • Krankengymnastik und physikalische Therapie
  • Ergotherapie
  • medikamentöse Behandlung
  • Operationen
  • Rehabilitation und sozialmedizinische Maßnahmen
  • psychologische Betreuung und Schmerztherapie

Die NSAR stehen ganz oben auf der Liste der am häufigsten verordneten Antirheumatika. Sie sind jedoch nur bei lang anhaltenden Schmerzen entzündlicher Genese indiziert, meinte Hammer. Oft würden die Medikamente zu unkritisch eingesetzt. Eine Arthrose sollte nicht zwangsläufig mit einem NSAR behandelt werden. In einer Studie zu Medikamenten-bedingten Todesfällen seien 30 von 1666 Patienten mit chronischer Polyarthritis an den Nebenwirkungen der nichtsteroidalen Antirheumatika gestorben. Wenn diese Stoffgruppe eingesetzt werde, sollte bei Risikopatienten immer ein Protonenpumpenhemmer zur Ulcus-Prophylaxe gegeben werden. Hammer riet dem Auditorium außerdem, möglichst auf eine Kombination von NSAR mit Glucocorticoiden zu verzichten.

Bei einer akuten rheumatischen Entzündung empfahl Hammer die Gabe von Corticoiden. Ein Rheumaschub sollte mit einer oralen Initialdosis Prednison angegangen werden. Es sei aber wichtig, die Dosierung anschließend um 1mg pro zwei bis vier Wochen zu senken.

Treppe statt Pyramide

Die Therapiestrategie bei der chronischen Polyarthritis hat sich nach Meinung Hammers grundlegend geändert. Früher hätten Mediziner zunächst das schwächste Medikament gegeben. Bei ungenügender Wirkung habe man dann entweder die Dosis erhöht oder stärkere Wirkstoffe eingesetzt. Das Schema der Therapiepyramide sei inzwischen überholt. Heute bekommen die Patienten anfangs die stärksten Arzneimittel in relativ hoher Dosierung, um schnell eine Wirkung zu erzielen. Anschließend versucht man, die Dosis langsam zu reduzieren. Hartmann nannte dieses Modell "step-down-bridge".

"Die sequentielle Therapie ist out – Kombinationen in", sagte der Mediziner. Inzwischen geben Rheumatologen Arthritis-Patienten mit einem Schweregrad von 8 bis 13 eine Zweifach- oder sogar Dreifach-Kombination. Methotrexat sei dabei das Medikament der ersten Wahl. Es könne je nach Schweregrad der Symptome mit Chloroquin, Sulfasalazin, Ciclosporin oder Glucocorticoiden kombiniert werden.

Gespannt sein darf man nach Meinung Hartmanns auf das neue Antirheumatikum Leflunomid. Das von Hoechst entwickelte Medikament (Arava™) verfügt über einen gänzlich neuen Wirkungsmechanismus. Leflunomid greift direkt in die Pyrimidin-Synthese von Immunzellen ein (siehe auch PZ 40/98, Seite 57). Das Präparat ist seit dem 11. September in den USA zur Behandlung der rheumatischen Arthritis zugelassen.

PZ-Artikel von Ulrich Brunner, Münster

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